Giftige und ätzende Gase (Kap.2)

LSW NRW Soest

 

zur vollständige Gliederung

2 Ziele und Inhalte
2.1 Intentionen
2.2 Allgemeines Vorkommen und Verwendung
2.3 Anknüpfungspunkte in Unterricht, Richtlinien und Lehrplänen
2.4 Gefahren, Schutzmaßnahmen und Entsorgung
2.4.1 Kohlenstoffmonooxid
2.4.2 Chlorwasserstoff (Hydrogenchlorid)
2.4.3 Ammoniak
2.4.4 Stickstoffoxide
2.4.5 Schwefelwasserstoff (di-Hydrogensulfid)
2.4.6 Schwefeldioxid
2.5 Alternativversuche und Ersatzstoffe


3 Experimente für den Unterricht

4 Alltags- und Umweltbezüge; Materialien

5 Beispiele unterrichtlicher Sequenzen

2 Ziele und Inhalte
2.1 Intentionen

Dieses Kapitel will auf die Notwendigkeit des sicheren Umganges mit giftigen Gasen hinweisen und über Möglichkeiten der gefahrlosen Handhabung im Unterricht informieren.

Der didaktische Wert der unterrichtlichen Behandlung dieser Gase ist ein zweifacher: Zum einen lassen sich grundlegende Erkenntnisse des Molekülaufbaus gewinnen. Zum anderen werden Kenntnisse der chemisch, physiologisch und ökologisch bedeutsamen giftigen Gase gewonnen.

Nur an Hand der Gase lassen sich die mathematisch leicht faßbaren Gesetzmäßigkeiten "Ideales Gasgesetz" und "Satz des Avogadro" ableiten. Diese Gesetze bilden Grundlage für die Erkenntnis der Existenz von Atomen. Eng verknüpft damit sind die stöchiometrischen Beziehungen bei chemischen Reaktionen, die sich gerade an Gasen anschaulich nachweisen lassen. Umsetzungen mit Gasen lassen sich im Unterricht leicht durch ihre Volumenveränderung apparativ verfolgen. Dadurch sind auch quantitative Untersuchungen im Unterricht der Sekundarstufe I möglich.

Die Darstellung von Gasen im Unterricht ist besonders einfach, da sie in der Regel aus leicht verfügbaren Edukten erfolgen kann. Die Abtrennung von den Edukten ist problemlos durch die Flüchtigkeit der Gase gegeben, so daß Gase in für den Unterricht hinreichender Reinheit anfallen.

Die hier näher beschriebenen Gase haben auch unmittelbar physiologische Wirkung.

Die Giftigkeit mancher Gase beruht zum einen auf der großen Reaktivität der Stoffe, zum anderen aber teilweise auch gerade auf ihrer Passivität. Die großer Reaktivität äußert sich in der ätzenden Wirkung, der oxidierenden bzw. reduzierenden Wirkung und der Fähigkeit zur Komplexbildung. Durch ihre Passivität zeichnen sich einige hier nicht behandelte Gase (z.B. Narkotika, niedrige Alkane, Halogenkohlenwasserstoffe) aus. Sie besitzen eine geringe Reaktivität, die mit Ansammlung im Körper und Störung von Stoffwechsel-und Reizleitungsvorgängen einhergeht. Zu diesen Stoffen gehören auch Feststoffe, die über einen merklichen Dampfdruck verfügen und so langfristig wie Gase wirken. Hier ist als Beispiel das Pentachlorphenol (PCP) zu nennen, das in Form von Holzschutzmitteln angewendet wurde und einen traurigen Bekanntheitsgrad erreicht hat.

Da sich Gase schnell im Raum verteilen und der Mensch durch seine Atmung zu einem permanenten Stoffwechsel gezwungen ist, stellt die Giftigkeit der Gase ein höheres Gefahrenmoment dar als die Giftigkeit von festen und flüssigen Stoffen.

Die Chemie der hier näher betrachteten giftigen Gase stellt die Grundlage für das Verständnis der Luftverschmutzung durch Industrieabgase und ihrer Auswirkung dar.

Die Betrachtung und die experimentelle Behandlung der stöchiometrisch nicht einheitlich aufgebauten Stickoxide und der in Gleichgewichtsreaktionen ineinander übergehenden Oxide des Kohlenstoffs CO und CO2 sind schon allein aus dem zuletzt genannten Gesichtspunkt notwendig.

 

 

2.2 Allgemeines Vorkommen und Verwendung

Die weiterhin betrachteten Gase sind natürliche Bestandteile der Zersetzung biogenen Materials (Ammoniak, Schwefelwasserstoff) und treten bei der Verbrennung an der Luft auf (Kohlenstoffmonooxid, Schwefeldioxid, Stickstoffoxide). Neben den Abgasen aus rein technischen Prozessen fällt Chlorwasserstoff (Hydrogenchlorid) auch bei der Müllverbrennung an.

In der Industrie treten die Gase in vielen Produktionsprozessen auf. Dabei können sie als Edukte oder gefährliche Produkte in Erscheinung treten, die es zu entsorgen gilt. Vorkommen und Verwendung werden bei näherer Betrachtung der einzelnen Gase aufgeführt.

Die Maßnahmen der Industrie zielen darauf ab, technische Prozessen so zu führen, daß möglichst wenig giftiges Gas gebildet wird. Da sich die Bildung der giftigen Gase bei entsprechenden Prozessen aufgrund des Massenwirkungsgesetzes nicht unterbinden läßt, müssen die im chemischen Gleichgewicht gebildeten giftigen Gase in geschlossenen Apparaturen gehandhabt werden. Ein wesentliches Augenmerk liegt auf der Entsorgung unmittelbar nach der Entstehung, so daß bei technischen Prozessen möglichst wenig giftiges Gas freigesetzt wird.

 

2.3 Anknüpfungspunkte in Unterricht, Richtlinien und Lehrplänen

Aus der wissenschaftlichen und der technischen Bedeutung der giftigen Gase ergeben sich vielfache Bezüge zum Chemie-Unterricht. Die giftigen Gase sind in der Regel jedes für sich und nicht als eine Stoffklasse zu betrachten. So tritt z.B. Kohlenstoffmonooxid im Zusammenhang mit dem Thema "Oxidation, Verbrennung" auf. Schwefeldioxid und Schwefelwasserstoff treten in den Lehrplänen bei der Behandlung der Schwefelverbindungen auf, Stickstoffoxide und Ammoniak im Zusammenhang mit Stickstoffverbindungen. Ammoniak und Chlorwasserstoff (Hydrogenchlorid) werden in der Regel im Zusammenhang mit Salzen im Unterricht dargeboten.

Die Begriffe Ozonloch, FCKW, Müllverbrennung, Smog sind den meisten Schülerinnen und Schülern bekannt. Sie können daher Anknüpfungpunkte, aber auch mit ihren chemischen Zusammenhängen eigenständige Themen oder Projekte im Chemie-Unterricht sein. Eine Möglichkeit der stoffübergreifenden Darstellung giftiger Gase besteht in der Behandlung des Themas "Luft und Luftverschmutzung". Literatur und Hinweise dazu befinden sich in Kap.4.5 und Kap.5.

Der Umgang mit den hier vorgestellten giftigen Gasen wird in der Gefahrstoffverordnung allgemeingültig geregelt und in den Vorläufigen Richtlinien zur Umsetzung der Gefahrstoffverordnung im Schulbereich kommentiert.

 

2.4 Gefahren, Schutzmaßnahmen und Entsorgung

Natürliches Entstehen und solches in chemischen und technischen Prozessen bringen es mit sich, daß giftige Gase als Anteile der Luft so gut wie allgegenwärtig sind. Für den Schulbereich wie auch für die Technik muß gelten: Das Entstehen giftiger Gasen ist so weit wie möglich zu vermeiden.

Wenn die Gase selbst Thema des Unterrichts sind, ist das Freiwerden der giftigen Gase zu verhindern. Alternativ ist für eine gefahrlose Ableitung der Gase zu sorgen. Dazu muß man

- sehr kleine Stoffportionen einsetzen,

- möglichst geschlossene Apparaturen benutzen,

- kleine Apparaturen mit geringem Totvolumen verwenden,

- giftige Gase nach der Reaktion in mindergiftige Produkte umwandeln,

- unter einem gut ziehenden Abzug arbeiten.

Die Abfolge der Experimente ist so angelegt, daß das giftige Gas von der Darstellung über die gewünschte Umsetzung bis hin zur Entsorgung in einer Unterrichtseinheit, wenn möglich in einer Apparatur, zusammenhängend vorgestellt wird.

 

An dieser Stelle soll auf die besonderen Vorteile der Experimente im Halbmikro-Maßstab hingewiesen werden. Sie gestatten, alle oben genannten Forderungen in einfacher Weise zu erfüllen.

Dazu werden im allgemeinen in Apparaturen mit einem Leervolumen von ca. 10 mL Feststoffe von 20-300 mg und Lösungen bis zu 2 mL umgesetzt. Viele Umsetzungen lassen sich in geschlossenen Apparaturen durchführen, so daß nur für das Beschicken und das Entsorgen ein Abzug notwendig ist. Zur Demonstration können die kleinen Apparaturen in Schülernähe gebracht werden. Die geringen Abmessungen der Apparaturen erlauben es, nach der Umsetzung das Gerät herumzureichen. Wenn die Richtlinien es erlauben, sind wegen der kleinen Stoffportionen oftmals Schülerübungen möglich, selbst dann, wenn bei Lehrerdemonstration durch ein Makroexperiment Entsorgungsprobleme auftreten würden. Die Erzeugung größerer Ansätze zur Darstellung giftiger Gase kann entfallen, da die Wiederholung eines Versuches ohne größere Entsorgungsprobleme vorgenommen werden kann.

Im folgenden wird daher jeder Versuch in der Halbmikro-Variante vorgestellt. Anschließend wird, wenn möglich, eine Makro-Variante der Durchführung mit ebenfalls vertretbarem Gefährdungspotential gegenübergestellt. Bei der Darstellung von Chlorwasserstoff (Hydrogenchlorid) und dem Nachweis der Löslichkeit und der elektrischen Leitfähigkeit (Kap. 3.2) werden die Unterschiede exemplarisch diskutiert.

 

2.4.1 Kohlenstoffmonooxid

Spezielles Vorkommen und Verwendung:

Technische Verwendung findet Kohlenstoffmonooxid bei der Reduktion von Metalloxiden, der Synthese organischer Grundchemikalien und zu Energieerzeugung.

Daneben ist Kohlenstoffmonooxid Ausgangsstoff für die Synthese von Phosgen COCl2, das in der Industrie für weitere Synthesen benötigt wird.

Von gleichrangigem technischen Interesse und nicht minder bedeutsam ist es, unvermeidbar produziertes Kohlenstoffmonooxid am Entstehungsort unschädlich zu machen. Hier ist die Katalysatortechnik, insbesondere die der Kraftfahrzeuge zu benennen.

Schülerinnnen und Schüler können das Entstehen von Kohlenstoffmonooxid aus alltäglichen Quellen, wie z.B. aus Zigarettenrauch und aus Autoabgasen, kennenlernen. Ebenso können sie die technische Bedeutung zur Reduktion von Metalloxiden und zur Energieerzeugung erfahren. Weiter sollen sie die Gefahren, die mit Kohlenstoffmonooxid verbunden sind, und eine Nachweismöglichkeit für dieses giftige Gas kennenlernen.

Im weiterführenden Unterricht der Sek II können qualitative und quantitative Versuche zum Gleichgewicht C(s)/CO(g)/CO2(g) erfolgen, die es Schülerinnen und Schülern einsichtig werden lassen, daß thermodynamische Gesetze (Massenwirkungsgesetzes, Prinzip von Le Chatelier) die Unvermeidbarkeit der Bildung von Kohlenstoffmonooxid erklären.

Gefahren:

Kohlenstoffmonooxid wird etwa 300 mal fester als Sauerstoff an den roten Blutfarbstoff gebunden.

Derart blockierter Blutfarbstoff kann seine Funktion als Sauerstoffträger nicht mehr wahrnehmen, so daß die Giftwirkung von Kohlenstoffmonooxid zwangsläufig ist. Die giftige Wirkung ist besonders zu beachten, weil das Gas farblos, geruchlos und geschmacklos ist. Somit kann das Aufkommen einer Gefahr durch Kohlenstoffmonooxid nicht mit den Sinnesorganen wahrgenommen werden.

Anders als bei vielen anderen giftigen Gasen kann man sich gegen Vergiftung mit Kohlenstoffmonooxid auch nicht durch Aktivkohlefilter schützen. Es sind vielmehr spezielle Filter erforderlich, die den in der Atemluft vorhandenen Anteil an Kohlenstoffmonooxid zu Kohlenstoffdioxid nach folgenden Reaktionsschema oxidieren können:

2 CO + O2 > 2 CO2

Schutzmaßnahmen: Möglichst geschlossene Apparatur verwenden. Abzug.

Entsorgung: Abgase in die Luftzuführung einer rauschenden Brennerflamme oder in den Abzug ableiten.

 

2.4.2 Chlorwasserstoff (Hydrogenchlorid)

Spezielles Vorkommen und Verwendung:

Chlorwasserstoff ist als Gas und in Lösung als Salzsäure sowohl in der Technik als auch im Labor ein viel verwendetes Reagenz. Mit einer Weltjahresproduktion von weit über 5 Mill. Tonnen ist er einer der meistproduzierten Stoffe.

Zur Darstellung sind mehrere Verfahren gebräuchlich.

1) Umsetzung von Natriumchlorid mit Schwefelsäure

2 NaCl (s) + H2SO4 (l) --> Na2SO4 (s) + 2 HCl (g);

2) Direkt-Synthese durch Verbrennung von Wasserstoff in Chlor

H2 (g) + Cl2 (g) --> 2 HCl (g);

3) Nebenprodukt aus der Chlorierung von organischen Grundstoffen

R-H + Cl2(g) --> R-Cl + HCl (g).

So deckte 1978 die USA etwa 90% ihres Bedarfs (ca. 2500000t) aus der Nebenproduktion. Dabei stammen z.B. 30% aus der Produktion von Vinylchlorid und 15% aus Chlorierung von Ethan und Ethen.

In der Industrie verwendet man Chlorwasserstoff zur Darstellung von Metallchloriden aus Carbiden, Nitriden und Oxiden. Große Menge werden auch bei der Herstellung von Aluminiumoxid und Titanoxid gebraucht. Der größte Anteil an wässeriger Lösung wird bei der Beizung von Metallen wie z.B. von Stahl verbraucht.

In der Schule findet Chlorwasserstoff in wässeriger Lösung als Salzsäure (siehe Thema: Ätzende und reizende Stoffe) frühzeitig Eingang in den Unterricht. Hier soll jedoch der Umgang mit gasförmigem Chlorwasserstoff im Vordergrund stehen.

Gasförmiger Chlorwasserstoff kommt zum einen bei der qualitativen und quantitativen Direktsynthese, zum anderen beim Nachweis der Änderung der Eigenschaften in wässeriger Lösung (Hydratation, Leitfähigkeit, Säurebildung) vor.

Gefahren: Chlorwasserstoff wirkt ätzend.

Schutzmaßnahmen: Möglichst geschlossene Apparaturen verwenden, im Abzug arbeiten.

Entsorgung: Lösen in Wasser, neutralisieren z.B. mit Natriumhydrogencarbonat.

 

2.4.3 Ammoniak

Spezielles Vorkommen und Verwendung

Ammoniak ist ein farbloses, typisch riechendes Gas, das frei in der Natur bei der anaeroben Zersetzung von organischem Material auftritt ("Kuhstall-Geruch").

Ammoniak ist eine der wenigen gasförmigen, in Wasser leicht löslichen Basen.Salze des Ammoniaks sind als Düngemittel für die Ernährung der Welt von äußerst großer Bedeutung. Die Weltjahresproduktion lag 1950 bei weniger als 1 Million Tonnen. Dagegen werden heute etwa 100 Millionen Tonnen erzeugt, wovon etwa 80% in die Düngemittelproduktion gehen. Ein weiterer Anteil wird zur Herstellung von Sprengstoffen sowie von Kuststoffen und Kunstfasern eingesetzt. Ammoniak ist weiter Ausgangsstoff zur Synthese anderer Stickstoffhydride wie Hydrazin N2H4(Verwendung als Raketentreibstoff) und Hydroxylamin NH2OH (Verwendung bei der Herstellung von Caprolactam, einer wichtigen Zwischenstufe der Nylon-Synthese). Ammoniak findet auch als Kühlmittel in Industrieanlagen Verwendung. Wasserfreies Ammoniak wird als Flüssigkeit mit einer Gesamtmasse von bis zu 36000 Tonnen in Tanks gelagert, mit Tankwagen oder auch durch Pipelines transportiert. Dieses ist von Bedeutung, da bei einem technischen Defekt ein ungewollter Kontakt der Bevölkerung mit Ammoniak nicht völlig ausgeschlossen werden kann.

Von technischer Bedeutung sind die Erzeugung von Ammoniak aus den Elementen (HABER-BOSCH) und die Verbrennung zu Stickstoffoxiden (OSTWALD).

Gasförmiges Ammoniak kommt an mehreren Stellen im Unterrichtsgang vor, zum einen bei der qualitativen Direktsynthese aus den Elementen, zum anderen bei der Verbrennung zu Stickoxiden. Außerdem sind Änderungen der Eigenschaften in wässeriger Lösung (Hydratation und Löslichkeit, Leitfähigkeit, Laugenbildung) bei der Theorie der Salze sowie der Nachweis von Amin-Gruppen in organischen Substanzen von unterrichtlicher Bedeutung.

Gefahren: Ammoniak ist giftig

Die Geruchsschwelle für Ammoniak liegt bei ca. 20 ppm, Reizungen von Nase und Augen treten etwa bei 100 ppm ein. Größere Mengen können wegen Blockierung des Atemzentrums gefährlich werden.

Schutzmaßnahmen: Im Abzug arbeiten. Schutzbrille

Entsorgung: Lösen in Wasser, neutralisieren z.B. mit Essigsäure.

 

2.4.4 Stickstoffoxide

Spezielles Vorkommen und Verwendung:

Unter dem Trivialnamen-Namen "Stickoxide" versteht man gewöhnlich die Gase Stickstoffmonooxid NO, Stickstoffdioxid NO2 und di-Stickstofftetraoxid N2O4. Ihre physiologische Wirksamkeit ist seit 200 Jahren bekannt.Sie entstehen in geringem Maße bei jeder Verbrennung durch begleitende Stickstoffoxidation.

Mit dem gesteigerten Energiebedarf der Industriegesellschaft verbunden ist das vermehrte Auftreten von Abgasen. Um zudem bei der Nutzung fossiler Brennstoffe einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen, werden hohe Verbrennungstemperaturen benötigt. Gerade dadurch aber wird das Entstehen von Stickoxiden NOx begünstigt. Somit bedingen die aus Energieersparnis wünschenswerten modernen Maschinen und Kraftwerke durch ihre hohen Verbrennungstemperaturen einen erhöhten Anteil von Stickoxiden NOx. Durch ihre Umsetzung mit Wasser tragen Stickstoffoxide wesentlich zur Bildung von "saurem Regen" bei.

Die Stickstoffoxide stehen außerdem in Wechselwirkung mit einem anderen Gas, dem Ozon O3, das in hohen Luftschichten vor UV-Strahlen schützt, in Erdbodennähe jedoch schädliche Wirkung entfaltet.

Der Zerfall von Stickstoffdioxid NO2 in Stickstoffmonooxid NO und Sauerstoff O2 macht sich erst oberhalb von 160 °C bemerkbar.

Für die Verminderung von Stickstoffoxiden (der sog. "Entstickung") in Abgasen bei Kraftwerken ist die Synproportionierung mit Ammoniak an speziellen Katalysatoren zu Stickstoff und Wasser von steigender technischer Bedeutung. Man erreicht einen Rückgang an Stickoxiden auf etwa 20% gegenüber nicht behandeltem Abgas.

Der Zerfall von Stickstoffdioxid NO2 in Stickstoffmonooxid NO und Sauerstoff O2 macht sich erst oberhalb von 160 °C bemerkbar und ist bei 600 °C nahezu vollständig. Für die Verminderung von Stickstoffoxiden in Abgasen bei Kraftwerken ist die Synproportionierung mit Ammoniak an speziellen Katalysatoren zu Stickstoff und Wasser von steigender technischer Bedeutung. Man erreicht einen Rückgang an Stickoxiden auf etwa 20% gegenüber nicht behandeltem Abgas.

(I) 6 NO2+ 8 NH3 --> 7 N2 + 12 H2O

In der Schule können die Stickstoffoxide frühzeitig, aber noch nicht detailliert im Zusammenhang mit den Problemen der Abgas-Entsorgung bei Kraftfahrzeugen und Energieerzeugern besprochen werden. Mit der Besprechung von Stickstoff und seinen Verbindungen sind die Behandlung der Themen "Düngemittel" und "Sprengstoffe" verbunden. Hier werden Ammoniak, seine technische Synthese, Stickstoffoxide und Salpetersäure behandelt. Neben den Nachweisen der Verbindungen ist auch die leicht verschiebbare Gleichgewichtslage von NO2/N2O4 zu demonstrieren. In der Sekundarstufe II kann dieses Gleichgewicht Thema des Kurses "Das chemische Gleichgewicht" sein.

Gefahren: Stickstoffmonooxid und Stickstoffdioxid/di-Stickstofftetraoxid sind sehr giftig.

Die über die Atemwege aufgenommenen Stickoxide NO, NO2/N2O4 entfalten ihre Giftwirkung in Verbindung mit Wasser. Sie liefern Säuren, die das Lungengewebe angreifen. Sie zerstören das Lungengewebe durch ihre reduzierende und oxidierende Wirkung, z.B. die Bildung von Nitrosaminen. Ihre gefährliche Wirkung beruht auch darauf, daß sie Übergangsmetalle, die als Spurenelemente in biologischen Systemen wirksam sind, komplexieren können.Über detaillierte Studien zur gesundheitsschädlichen Wirkung von Stickoxiden wird in "Die Umwelt des Menschen" berichtet. So erzeugen schon Stickoxide, deren 24-Stunden-Mittelwerte über 0,06 ppm lagen, erhöhte Krankheitshäufigkeiten (Chattanooga-Studie, USA 1968/1969).

Schließlich ist die Reaktion von gebildetem Nitrit/Nitrat mit Aminen zu Nitrosaminen zu nennen, die ihrerseits krebserregendes Potential haben.

Schutzmaßnahmen: Nach Möglichkeit geschlossene Apparaturen verwenden, im Abzug arbeiten.

Entsorgung: Durch Einleiten in alkalische Lösung neutralisieren. Nitrit-Lösung werden mit Harnstoff erhitzt.

 

2.4.5 Schwefelwasserstoff (di-Hydrogensulfid)

Spezielles Vorkommen und Verwendung

In der Natur wird Schwefelwasserstoff bei der Zersetzung schwefelhaltiger Eiweißstoffe frei ("faule Eier"); weiterhin kommt es in vulkanischen Gasen, Erdgas und Erdöl vor. In der Regel machen die giftigen Eigenschaften des Schwefelwasserstoffs sein Auftreten unerwünscht. Daher werden Erdgas und Erdöl, die auf Grund ihres biogenen Ursprungs schwefelhaltige Verbindungen enthalten, durch spezielle chemische Prozesse "entschwefelt".

Schwefelwasserstoff läßt sich durch Verbrennung bei niedriger Temperatur zu Schwefel oxidieren.

(I) 2 H2S + O2 > 2 S + 2 H2O.

Schwefelwasserstoff kann aber auch gemeinsam mit dem bei der Verbrennung freiwerdenden Schwefeldioxid zur Entschwefelung herangezogen werden. Dies geschieht im CLAUS-Prozeß:

Die Reaktion verläuft in zwei Stufen:

- Ein Drittel des Schwefelwasserstoffs wird zu Schwefeldioxid verbrannt.

(II) 2 H2S + 3 O2 > 2 SO2+ 2 H2O.

- Zwei Drittel werden mit dem gebildeten Schwefeldioxid an einen sauren Katalysator zu Schwefel umgesetzt

(III) 2 H2S + SO2 > 3 S + 2 H2O.

Bei der Reaktion sind Umsätze von bis zu 99% an Schwefelwasserstoff zu erreichen. Schwefelwasserstoff aus Erdgas und aus Erdöl ist damit eine bedeutende Quelle für Schwefel geworden. Damit ist das CLAUS-Verfahren ein ökologisch und ökonomisch wichtiges Verfahren, das gleichzeitig die Verringerung des Schwefeldioxid-Ausstoßes bei der Verbrennung von Erdöl und Erdgas bewirkt und Schwefel als wichtigen Industrierohstoff bereitstellt. Allerdings ist das CLAUS-Verfahren nur durch die Auflagen, die durch den Umweltschutz notwendig geworden sind, gegenüber dem klassischen FRASCH-Verfahren bzw. dem Schwefeltagebau konkurrenzfähig.

Den Schülern ist der Geruch von Schwefelwasserstoff gelegentlich bekannt, da er häufig am kalten Auto-Abgas-Katalysator gebildet wird. Auch enthalten die einfachen "Stinkbomben" Schwefelwasserstoff.

Im Labor wird Schwefelwasserstoff im Trennungsgang der analytischen Chemie als Gruppen-Trennungsmittel für Schwermetalle eingesetzt. Diese Eigenschaft macht Schwefelwasserstoff auch geeignet, in speziellen Fällen die Schwermetalle in Lösungen durch Bildung fest gebundener Sulfide zu maskieren.

Gefahren: Schwefelwasserstoff ist sehr giftig.

Schwefelwasserstoff wird in seiner Giftigkeit oftmals unterschätzt. Er ist in der Giftigkeit vergleichbar mit Blausäure. Der intensive Geruch warnt jedoch frühzeitig beim Auftreten von Schwefelwasserstoff.Bei längerem Einwirken wird der üble Geruch nicht mehr wahrgenommen, die Vergiftungsgefahr steigt!

Schwefelwasserstoff: (Geruchsgrenze ca. 0,02 ppm;) ruft ab 5 ppm Reizungen, ab 10 ppm Kopfschmerzen und Übelkeit hervor. Bei Schwefelwasserstoff-Anteilen in der Luft von 100 ppm tritt sofort Lähmung und Tod ein (GREENWOOD, EARNSHAW: Chemie der Elemente; VCH (1988).

Schutzmaßnahmen: Geschlossene Apparatur verwenden, im Abzug arbeiten.

Entsorgung: Einleiten in Laugen; Synproportionierung durch Zugabe von z.B.Natriumsulfit in saurer Lösung

 

2.4.6 Schwefeldioxid

Spezielles Vorkommen und Verwendung:

Schwefeldioxid ist Bestandteil vulkanischer Gase. In der Technik wird es durch Verbrennung von Schwefel oder durch "Rösten" sulfidischer Erze gewonnen. Technisch produziertes Schwefeldioxid wird zur Schwefelsäureherstellung verwendet. Daneben sind die reduzierende (bleichende) Wirkung und die Wirkung als Desinfektionsmittel von Bedeutung. So ist das "Schwefeln" von Trockenfrüchten, aber auch das Ausräuchern von Weinfässern vor der Wiederverwendung und das "Stoppen" der Weinhefe nach dem Gären durch Sulfit bekannt.

Als Bestandteil der Verbrennungsgase von fossilen Brennstoffen ist es zu einer ernstzunehmenden Gefahr für die Umwelt geworden. Man schätzt die Gesamtmenge des auf diese Weise erzeugten Schwefeldioxids auf etwa 200 Millionen Tonnen pro Jahr, eine Menge, die vergleichbar ist der natürlichen Freisetzung. Schwefeldioxid reagiert mit Luftfeuchtigkeit und hat damit einen Anteil an der Bildung des sauren Regens. Es ist am Treibhauseffekt mitbeteiligt.

Anhand des Themas "Schwefeldioxid" können in der Schule das Abgasproblem ("Smog") sowie Wege zur Lösung aufgezeigt werden.

Falls Eisensulfid aus Eisen und Schwefel erzeugt wird, kann man die Bildung von Schwefeldioxid als Nebenprodukt der Reaktion insbesondere bei Schülerversuchen nicht vermeiden. Schwefeldioxid wird dann bei der systematischen Behandlung des Elementes Schwefel in der Sekundarstufe I besprochen. Die Verbrennung von Schwefel auf dem Verbrennungslöffel ist ohne Schutzmaßnahmen nicht mehr möglich. Auch seine Oxidierbarkeit zu Schwefeltrioxid im Bleikammer-Verfahren oder mit Hilfe eines Katalysators sind Themen in der Sekundarstufe I.In der Oberstufe kommt Schwefeldioxid im Zusammenhang mit Reaktionen, die unter Beteiligung von Sulfit, Thiosulfat oder Fuchsinschwefliger Säure ablaufen, als Begleitthema vor.

Gefahren: Schwefeldioxid ist giftig.

Der MAK-Wert von Schwefeldioxid beträgt 2 ppm. Geringere Werte haben bereits Schäden an grünen Pflanzen zur Folge, da Schwefeldioxid mit Wasser schweflige Säure bildet, die ihrerseits neben ihrer sauren Wirkung ein noch stärkeres Reduktionmittel als Schwefeldioxid ist.

Schutzmaßnahmen: Nach Möglichkeit geschlossene Apparatur verwenden. Abzug.

Entsorgung: Einleiten in verd. Laugen; gegebenenfalls neutralisieren

 

2.5 Alternativversuche und Ersatzstoffe

Für Schulversuche mit giftigen Gasen reichen in der Regel 50 - 100 Milliliter aus, um die gewünschten Reaktionen zu demonstrieren. Viele Reaktionen, z.B. die Sulfid-Fällung, der Säure-Nachweis sowie Löslichkeitsversuche, kommen mit wesentlich geringeren Volumina aus, was schon bei der Darstellung der Gase berücksichtigt werden muß.

Die Versuche mit giftigen Gasen sollen so ausgesucht werden, daß die Darstellung und/oder Zerlegung zu problemlosen Stoffen führt und, wenn möglich, in geschlossenen Apparaturen erfolgt.

Giftige Gase sollten über den Rahmen der Unterrichtsstunde hinaus nicht aufbewahrt werden, um Gefährdung der Kolleginnen, Kollegen, des Reinigungspersonals oder auch anderer Schülergruppen auszuschließen.

 


Kapitel 2: Ziele und Inhalte

  Klaus-G. Häusler haeusler[at]muenster[dot]de; giftgas-soest/gase2.htm