Information und Kommunikation

"Neue Technologie"

1.-6. Bedeutung




 

Inhalt

1. Computer-Zeitalter und Schule
2. Notwendigkeit einer Bildungsreform
3. Informationstechniken
4. Kommunikationstechniken
5. Zusammengehen von Information und Kommunikation
6. Grenzen der "Neuen Technologien" in der Ausbildung und Bildung

Schule im Computer- Zeitalter

Der Computer ist aus dem täglichen Leben einer technisierten Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Die Schule muss sich dieser Entwicklung stellen, soll doch die Schule auf das Leben vorbereiten. Auch wenn "Lebenslanges Lernen" das Gebot der Zeit ist, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der erste Lebensabschnitt des Menschen mit den weitaus größten Lernzuwachsen versehen ist.

Dazu muss Schule und Gesellschaft Hand in Hand arbeiten. Wenn die Schule auf "das Leben in einer technisierten Welt" vorbereiten soll, müssen die Richtlinien des Lehrens und Lernens genau so angepasst werden, wie die Methoden und die Medien. Andernfalls wird eine böse Überraschung geben.


Bildungsreform

In einer bemerkenswerten Rede hat unser scheidender Bundespräsidenten Roman Herzog geht online festgestellt: "Die Informationstechnik wird eine Revolution in den Klassenzimmern auslösen. Wir müssen die Pädagogik für das Informationszeitalter aber erst noch erfinden" .

Er schlägt dazu das "Trial and Error"-Verfahren vor.


Informations-
techniken

Um die Notwendigkeit von Bildungsreformen zu erkennen, die sich durch das Aufkommen "neuer Technologien" ergeben, soll ein kurzer Blick auf die historische Entwicklung der Informationsweitergabe geworfen werden.

Im Anfang war das Tun. Die früheste Weitergabe von Informationen war das Vormachen und Nachmachen. Das Lehrer/Schüler-Verhältnis war nahezu 1, gelernt wurde im Hier und jetzt durch das Vorbild.

Danach kam das Wort. Dadurch erweiterte sich der Kreis der Informationsempfänger auf Rufweite; durch die Einführung von Begriffen war auch ein Nachmachen ohne Vormachen möglich. Einfache Erkenntnisse der Natur konnten zu anderem Zeitpunkt in anderem Zusammenhang nachgebildet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt war es unvermeidbar, das neben der Sachinformation auch Weltanschauungen von Generation auf Generation übertragen wurden.

Mit der Einführung der Schrift war es möglich, Erkenntnisse und Verhaltensregeln örtlich und zeitlich in weiter ausgedehntem Maße zu verbreiten. Jedoch waren durch die technischen Schwierigkeiten des Schreibens die Weitergabe von Information auf das "Wesentliche" beschränkt. Immerhin konnten in alten Hochkulturen eine Vielzahl der Bürger einer Gesellschaft Lesen und Schreiben. - Bemerkenswerter Weise ging die Verbreitung dieser Fertigkeit im Mittelalter stark zurück, so empfand der "Deutsche Kaiser Karl der Große" es als Mangel, nicht Lesen und Schreiben zu können. Diese Fähigkeit blieb dem Clerus vorbehalten, was sich natürlich auch auf die Inhalte der Information auswirkte. Daher leitet sich die engl. Bezeichnung clerk für Beamte ab, aber auch andere Relikte davon sind heute noch zu spüren: die Einführung der Schule in Form der "Lateinschule", um die Bibel lesen zu können. In einigen Klostern war das Abschreiben der Bibel das Lebenswerk von Mönchen. Auch jetzt noch wurde Ethik und Moral unmittelbar von Personen vermittelt.

Mit der Einführung des "Buchdruckes mit beweglichen Lettern"zurück zum ersten Auftreten  durch Gutenberg zurück zum ersten Auftreten  lies sich  das Geschriebene auf einfachere und damit preiswertere Weise vervielfältigen. Die Bibel wurde für das "gemeine Volk" ins Deutsche übersetzt und verbreitet; es kamen die "Fugzettel", (neuhochdeutsch "flyer") auf. Ganz profane Dinge konnten nun unter das Volk gebracht werden: Noch heute "wird nach Adam Riese"zur Literaturstelle gerechnet, der eines der ersten deutschen Rechenbücher mit arabischen Zahlen herausgab. - Mit dem Buchdruck wurde überhaupt das Zeitalter der Aufklärung erst möglich. Es ist erstaunlich, feststellen zu müssen, dass die "Glaubenskriege" mit dem Verfall von Moral einhergingen. Als eine Ursache kann die Entfremdung von Sender und Empfänger einer Botschaft  durch das Medium Papier angesehen werden, das Vorbild verlor seine Funktion.

Daneben waren aber weiterhin die älteren Techniken der Informationsübermittlung in Gebrauch. Der Handwerker hatte seine Wanderjahre, in der er seine "Erfahrungen" machte. Der Studiosus wechselte die Universität, sobald er die wichtigen Bücher der dortigen Universität abgeschrieben hatte. Der Künstler bereiste die Kulturzentren, um die neuen Errungenschaften der Kunst aufzunehmen.

Mit dem Aufkommen der Massenmedien, zunächst der Zeitung, erfasste die Informationsverbreitung das Tagesgeschehen. Mit dem Aufkommen des Radios wurde die Bedeutung des Mediums zur Manipulation erkannt und schon bald zu einem Machtinstrument genutzt.

Über die Auswirkungen der Informationsverbreitung auf die Gesellschaft hat sich Karl Steinbuch in seinem Buch "Maßlos informiert" kritisch auseinandergesetzt Neil Postman .

Die Einführung des Fersehens werden so weite Bereiche des Lebens erfasst, dass es möglich wird, in einer "Scheinwelt" zu leben.  Die jüngsten Filme "Pleasantville" und die "True Man Show" stehen dafür.

"Multimedia" wird ein weiterer Schritt sein auf dem Wege zur Dominanz von Information.


Kommunikationstechniken

Unter "Kommunikation" versteht man im Allgemeinen die Informationübertragung eines Senders auf einen Empfänger. (siehe dazu: Kommunikationsmodell in der Biologie . Auch in der Kunst, die sich mit der nichtverbalen Kommunikation befasst, wird ein Kommunikationsmodell beschrieben. (siehe dazu : Kommunikationsmodell in der Kunst ).

In diesem speziellen Fall soll die vorwiegend die verbale Kommunikation im Vordergrund der Betrachtungen stehen, allerdings mit den Ergänzungen, wie sie durch die "multimedialen" Medien im Bild und Tonbereich möglich sind.

Die einfache Kommunikation ist eine Einweg- Kommunikation. Dabei ist es zunächst gleichgültig, welches Transportmedium genutzt wird: Immer muss die Botschaft ohne die Möglichkeit der Rückfrage verstanden werden können. Dabei hängt von der Verständlichkeit mitunter das Überleben ab: das gilt ebenso für das Erkennen von giftiger Nahrung wie auch gefährlicher Situationen ab. So signalisiert ein frontal heranstürmender Stier unmissverständlich höchste Gefahr.

Mit der verbalen akustischen Kommunikation wird als Sender die Stimme und als Medium die Luft benutzt. Reichweite und Einwirkungsdauer sind auf das Hier und jetzt beschränkt. Ein Redner erreicht maximal 1000 Zuhörer. Ist die Rede einmal gehalten, bleibt außer der Erinnerung des Einzelnen keine Information. Dennoch sind solche Reden für die politische Gesellschaft von großer Bedeutung.

Mit der Verbreitung der Reden und Meinungen über Reden in Schriftform gewinnen die Medien, Zeitung, Radio, Fernsehen, Einfluss auf die Meinungsbildung. Die Rolle der Medien in der politischen Meinungsbildung soll hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Jedoch hat diese Art Einweg-Kommunikation eine Bedeutung erlangt, die sie mitunter zur "vierten Kraft" in einer Demokratie emporhebt ("Amtsenthebung" Nixon, "Meineid" Clinton, "Meineid" Barschel).

Mit der Telefonie, Telegraphie  und deren Ableger kommt es zu einem gegenseitigen Austausch von Information. Damit kann nachgefragt werden, Missverständnisse können aufgeklärt werden,  Zusatzinformationen können eingeholt werden. So wird es möglich, Informationen abzurufen und einzubringen statt bloß entgegenzunehmen.

Mit der Einführung der Computer und EDV werden Datenbanken zentral geführt und zu jeder Zeit von jedem Ort abrufbar, aber auch veränderbar. Es ist keine Frage, durch die Verfügbarkeit von mehr Information zu jeder Zeit lassen sich Pläne besser entwickeln, schneller den veränderten Verhältnissen anpassen und fundiertere Entscheidungen treffen. Mit dem Zugang der Öffentlichkeit zum Internet wird die Einweg-Informationsverbreitung für Jedermann verfügbar ("Weltweites Speakers-Corner").

Aber auch hier sind Grenzen erkennbar. So zeigte der Börsencrash 199x, bei dem innerhalb von 24 Stunden die Bewertung von Aktien auf der ganzen Welt um 1/3 des Wertes ohne wirtschaftlichen oder politischen Grund fielen, dass auch mit Computern erzeugte und überwachte mathematische Modelle fehlerhafte Entscheidungen nicht nur nicht verhindern, sondern in diesem Falle sogar hervorrufen können. - Auch steigt die Desinformation durch unqualifizierte Meinungsäußerung.


Zusammengehen von Information und Kommunikation

Die Schule des Mittelalters, bei der alle den gleichen Text aus dem einzigen Buch, der Bibel zu lesen lernten, sind schon lange vorbei. Auch die Zeiten, wo Lehrer und Schüler ausschließlich die Tafel zum Schreiben benutzten, sind uns nicht mehr geläufig. Schon längst muss der Student nicht mehr seinen Studienort wechseln, um neue Erkenntnisse zu "erfahren".

Heute werden Bücher mit "Lehrmittelfreiheit" angeschafft, Photokopien über das eingeführte Lehrbuch hinaus angefertigt und bei Bedarf Filme, Videos, Computersimulationen eingesetzt.

Ob das die Ausbildung ausschließlich fördert, mag man bezweifeln. So hat die der "Respekt vor dem Wert eines Buches" deutlich abgenommen, was zum Beispiel darin zum Ausdruck kommt, das in den "gängigen" Werken der Universitätsbibliothek die "wichtigen" Seiten herausgerissen sind. "Was nichts kostet, ist nichts wert!"

Die "alte Schule" ist gekennzeichnet dadurch, dass viele Schüler zur gleichen Zeit am gleichen Ort zusammenkommen müssen, um zu lernen. - Die Verfügbarkeit von Informationen durch Internet und Email an jedem Ort und die Möglichkeit, sich zu jeder Zeit darüber austauschen zu können, wird die Schule verändern. Fernuniversitäten mit online- Studienplätzen und Fortbildungsangebote bis hinein in die Betriebe lassen erkennen, dass bereits neue Wege beschritten werden.

Man sich daher damit befassen müssen, wie die eigentliche Informationsbeschaffung und Kommunikation in Zukunft in einer technisch-orientierten Welt vonstatten geht.

Des weiteren wird erarbeitet werden müssen, wie der Inhalt und die Glaubwürdigkeit einer Informationsquelle geprüft werden kann, was bislang vorwiegend durch den Lehrer geschah.

Schließlich wird erlernt werden müssen, wie die eigene Arbeit für die Veröffentlichung aufgearbeitet sein muss, damit sie von der Allgemeinheit Beachtung findet.

Um allen Schülerinnen und Schülern die Chance zu geben, frühzeitig sich den zukünftigen Anforderungen zu stellen, sollte man Überlegungen anstellen,

  • wie eine "Zentrale Wissens-Datenbank" für die verschiedenen Fächer eingerichtet werden kann,
  • wie eine Kommunikation per Email, Newsgroup, Chat-Room  und mit welchen Zielen umsetzbar ist,
  • wie ein "elektronischer Arbeitsplatz" aussehen sollte,
  • wie der Zugriff auf das Internet möglichst für alle erreichbar ist.

Diese Überlegungen sind in weitgehend von finanziellen Möglichkeiten der Schule begrenzt, es darf aber auch nicht der große Zeitaufwand für die Realisierung der angestrebten Lösung außer Acht bleiben.

Auch die Lehrerinnen und Lehrer müssen erst neue methodisch-didaktische Erkenntnisse gewinnen, für die bislang keine Modelle existieren. So muss der Frage nachgegangen werden,

  • welche Verantwortung ein Lehrer bei der Beschaffung von frei zugänglichem Informationsmaterial übernehmen kann,
  • welche Rolle der Lehrer bei der Auswertung von Informationen hat,
  • welche Aufgaben beim  "Einüben" von Fertigkeiten verbleiben,
  • wie man die Verantwortung für fremde Publikationen einholen, prüfen und bei eigenen Veröffentlichungen auch übernehmen lernt,
  • wie man die Verantwortung für fremde Publikationen einholen, prüfen und bei eigenen Veröffentlichungen auch übernehmen lernt.
  • welche Aufgaben man für die Bearbeitung mit dem Internet und wie man das freie Arbeiten anleitet.

 

Dazu sind bereits Vorarbeiten geleistet und Erkenntnisse gesammelt worden:

  1. Während der Projektwochen 1995? lernte eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern das Internet an der WWU-Münster kennen. Daraus entwickelten einige Schüler durch Eigeninitiative Kenntnisse in der Arbeit mit dem Internet, dem Aufbau von Netzwerken, dem Betreiben von Servern.
  2. Es existiert eine offizielle Website. Diese wurde begonnen während der Projektwoche 1997 und enthielt zunächst nur Veröffentlichungen der Schulschriften. Die Verantwortlichkeit  liegt bei Einem, wobei die Aktualisierung wegen des Aufwandes und der fehlenden Konzepte nur schleppend vorankommt.
  3. Es zeigte sich bald, dass selbst Oberstufenschüler nicht ausreichend in der Lage sind, Konzepte zu erarbeiten. Hier ist die kontinuierliche Leitung durch Lehrer und Eltern gefordert.
  4. Die technische Aktualisierung einer großen Website ca. 2000 Dateien überfordert einen Lehrer, zumal täglich 2-3 neue Seiten dazukommen und etwa 10 Seiten pro Tag korrigiert werden. Es ist daher die Zusammenarbeit und Eigenverantwortung mehrerer gefragt.
  5. Es müssen Mechanismen gefunden werden, die es ermöglichen die Verantwortung nach außen zu tragen. Das kann nur von einem Gremium übernommen werden und muss organisatorisch und technisch schnell realisierbar sein.

 


Grenzen der "Neuen Technologien"

Die Ausbildung und der Informationszuwachs einiger wird ein immer höheres Niveau annehmen, jedoch werden Alle auf jedem spezifischen Niveau profitieren.

Die ethisch und moralische Bildung wird sich durch den Einsatz des Computers im Unterricht kaum verbessern lassen. Bildung dieser Art wird besonders durch das Vor-Bild geprägt. Weil die das körperliche Da-Sein zur selben Zeit am gleichen Ort nicht mehr die Bedeutung haben wird, wird die diesbezügliche Rolle des Lehrers beim Heranwachsenden eine besondere Bedeutung erlangen, die Rolle des "Informationsbereitstellers" und "Einpaukers" dürfte zurückgehen. So ist es auch verständlich, das sich bei Ausstellungen und Messen von Branchen, deren Kommunikation per Internet und Email abläuft, inzwischen der Charakter vom "Bestell- und Vertragwesen" zur "Begegnungsstätte" verlagert. - Eine umfangreiche Darstellung der Eigenschaften der computervermittelten Kommunikation findet sich bei A.W. Kucera.zurück zum ersten Auftreten

Trotz der noch nicht in allen Einzelheiten erkennbaren Auswirkungen ist es nicht vorstellbar, dass die alten Zustände wieder hergestellt werden. Zu sehr sind die zu treffenden Entscheidungen abhängig von den Ergebnissen, die mit den neuen Technologien produziert werden.

Es ist daher zweckmäßig, Projekte durchzuführen, die sich mit der Nutzung der "Neuen Technologien" befassen. Diese sollte auf der Basis der bereits gewonnenen Erfahrungen weitere Überlegungen fußen und Maßnahmen erarbeiten, wie wir unseren Kindern die Chancen offen halten können, sowohl die Technik der Informationsbeschaffung und Bewertung als auch Verantwortung im Umgang mit Informationen zu erlernen.


Literatur

Verfasser: K.-G. Häusler

zurück zum ersten Auftreten Die Rede des Bundespräsidenten Roman Herzog geht online auf dem Deutschen Bildungskongress am 13. April 1999 in Bonn  [bearbeitet]
zurück zum ersten Auftreten "Maßlos informiert - Die Enteignung unseres Denkens" Karl Steinbuch; Herbig Verlagsbuchhandlung München Berlin 2. Auflage (August 1978)
zurück zum ersten Auftreten " Das Technopol - Die Macht der Technologien und die Entmündigung der Gesellschaft"; Neil Postman; S. Fischer Verlag Frankfurt am Main 1992; ISBN 3-10-062413-0

zurück zum ersten Auftreten "Wir amüsieren uns zu Tode - Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie" Neil Postman; S. Fischer Verlag Frankfurt am Main 6. Auflage 1985; ISBN 3-10-062407-6
zurück zum ersten Auftreten Kinofilm: Pleasentville; (Kommentar zum Film geht online)
zurück zum ersten Auftreten Kinofilm: Die Truman Show; (Kommentar zum Film geht online)
zurück zum ersten Auftreten "Kommunikationsmodell in der Biologie" Hrsg. Uni-Münster geht online
zurück zum ersten Auftreten "Kommunikationsmodell in der Kunst" K. Tesching  geht online
zurück zum ersten Auftreten Drucken mit beweglichen Lettern
zurück zum ersten Auftreten Johann Gutenberg http://www-ub.kfunigraz.ac.at/sosa/SkriptumDruckgeschichte/Gutenberg.html
zurück zum ersten Auftreten Rechenbuch von Adam Riese 
zurück zum ersten Auftreten Kucera, A.W., Computer Mediated Communication. Sozio-kommunikationstheoretische Darstellung, psychotherapeutische Perspektiven und philosophisch-anthropologische Fokussierungen, Dartford/Cuxhaven 1999.
zurück zum ersten Auftreten "Gesucht: Mitarbeiter, die das Unternehmensziel zu ihrem eigenen machen";
geht onlineJürgen Werner