sieden.htm 07.03.2004 |
Den Übergang einer Flüssigkeit in den gasförmigen Zustand in Gegenwart des äußeren Luftdrucks nennt man Sieden. Man erkennt das Sieden daran, dass sich überall in der Flüssigkeit Blasen bilden. Dazu wird Energie aus der Umgebung aufgenommen und als sogenannte Verdampfungsenenrgie im Dampf gespeichert.
Diese Gasblasen in der Flüssigkeit sind keine "Luftblasen", sie bestehen aus dem reinen Gas der Flüssigkeit.
Unter Verdampfen versteht man den Übergang einer Flüssigkeit in den Gaszustand an der Oberfläche der Flüssigkeit. Ist die Umgebungstemperatur über dem Gefäß deutlich niedriger als die Temperatur der Flüssigkeit, kondensiert der verdampfte Stoff wieder und wird bei bewegter Luft als "Dampf" (feinste Tröpfchen in Luft) sichtbar.
Beispiel: In den sogenannten Salzsiede-Hütten wird Salz gewonnen, indem man das Wasser der Salzsole bei Temperaturen um die 60°C eindampft.
Verdunsten (Verflüchtigen) nennt man das Verdampfen einer Flüssigkeit von der Oberfläche weg, wenn die Siedetemperatur noch nicht erreicht ist.
Beispiel: Wasser in einem offenen Glas verdunstet, das Wasser aus nasser Wäsche verdunstet.
Bei andere Flüssigkeiten ist Verflüchtigen gebräuchlich: Alkohol aus Parfüm verflüchtigt sich.
Beispiel: Zu Alkohol in flüssigem Zustand gehört immer etwas Alkohol als Gas in der Umgebung. Beweis dafür ist, dass man Alkohol riechen kann. Man kann Alkohol umso besser riechen, je wärmer es ist. Je höher die Temperatur steigt, desto mehr Alkoholgas bildet sich also. Wenn der gesamte Alkohol in Gas umgewandelt ist, hat sich der Alkohol verflüchtigt. Dass sich Alkohol auch bei Zimmertemperatur vedampft kann man an einem Schanpsglas sehen, das mit "Schanps", einer etwa 32%igen alkoholischen Lösung, gefüllt ist. Über dem Schaps sieht man eine sogenannte Siedekronen. Das ist ein etwa 3-5mm hoher Bereich am Glasrand, wo sich laufend Tropfen bilden, die wieder ins Glas zurücklaufen.
Verflüchtigen und Sieden am Beispiel Kerzenwachs.
Deutlich wird das Verflüchtigen, Sieden und Kondensieren auch beim Kerzenwachs
Paraffin. Man kann eine Haushaltskerze riechen, ohne dass sie brennt. Aus festem
Kerzenwachs bildet sich demnach etwas Gas. Kerzenwachs verflüchtigt sich also ganz
allmählich. Deutlicher wird der Geruch, wenn man die Kerze anzündet und das Wachs
schmilzt.
Sehen kann man das verdampfende Kerzenwachs nicht. Bläst man die Flamme aus, wird das
gasförmige Wachs wegen der nun absinkenden Temperatur kondensiert, bekommt man es als
Aerosol (Flüssigkeitströpfchen in Luft) zu sehen. Man kann zeigen, dass das Aerosol aus
kondensierten Wachs besteht: Wenn man sich nach dem Auspusten dann sofort mit einem
brennenden Streichholz von oben dem Docht nähert, zündet die Flamme des Dochtes schon
ca. 1cm bevor man den Docht erreicht. Offenbar hat man das gasförmige und teilweise
kondensierte Wachs zum Brennen gebracht.
Sieden durch Anlegen von Unterdruck bei niedriger Temperatur
Wenn man eine Flüssigkeit ganz langsam ohne Erschütterung erhitzt, kann man sie auf eine Temperatur oberhalb der Siedetemperatur erhitzen, ohne dass sich Gasblasen bilden. Man nennt diese Flüssigkeit überhitzt, die Erscheinung nennt man Siedeverzug. Gleiches kann man bei vorsichtigem Abkühlen erreichen, man spricht dann von einer unterkühlten Flüssigkeit. Glas gehört zu den unterkühlten Flüssigkeiten, nicht zu den Feststoffen, da Glas nicht kristallisiert ist. Der Ausdruck Kristallisationsverzug ist wenig gebräuchlich.
Lösungen mit Siedeverzug stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wird durch eine Erschütterung oder weiteres Erhitzen an einer Stelle ein Gasblase gebildet, dann wächst diese erste Blase explosionsartig an, wobei sie die heiße Lösung aus dem Gefäß schleudern kann. Die Energie für dieses Herausschleudern wird der Lösung entnommen. Dabei sinkt die Temperatur bis auf die übliche Siedetemperatur und siedet dann weiter.
Um einen Siederverzug zu verhindern benutzt man Siedesteine. Sie bestehen aus porösem Material (Tone oder Silikat-Gesteine), das unlöslich ist. Die in den Poren enthaltenen kleinen Luftbläschen dehnen sich beim Erwärmen aus und regen die Lösung mit "Start-Bläschen" an, die dann problemlos zu Siedeblasen der Flüssigkeit weiterwachsen können.
Zur Funktion des Siedesteins: | |
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Der falsche Umgang mit Siedesteinen kann jedoch die Gefährdung durch herausspritzende Flüssigkeit auch erhöhen. Wenn man nämlich die Lösung einmal abkühlen lassen muss, weil man z.B. einen weiteren Stoff zugeben muss oder die Apparatur umbauen will, dringt Flüssigkeit in die Poren des Siedesteins. Die Folge ist, dass der Siedestein "ertrinkt", die Poren laufen mit Flüssigkeit voll. Wenn man nun vor dem erneuten Erhitzen keinen neuen Siedestein in die erkaltete Lösung hingibt, kann es wieder einen Siedeverzug geben. Erhitzt man versehentlich erst ohne Siedestein und wirft dann nachträglich einen Siedestein hinzu, wird die Flüssigkeit schlagartig verdampfen und mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Gefäß geschleudert.
Literatur | |
Autor (Text): |
Klaus-G. Häusler |
weitere Literatur: |
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Klaus-G. Häusler
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