Natriumchlorid-Synthese aus den Elementen
im geschlossenen System
und Halbmikrotechnik

Inhalt:

1. Kurzbeschreibung des Sachzusammenhanges
2. Experiment
3. Chemikalien und Sicherheitshinweise
4. Aufbau und Beladung mit Chemikalien
5. Durchführung und Beobachtung
6. Auswertung, Ergebnis, Folgerungen, Ausblick

Literatur

 

 
1. Kurzbeschreibung des Sachzusammenhanges  
 

Natriumchlorid (Kochsalz, Steinsalz) ist ein chemisch stabiler Stoff, der in der Natur große Steinsalz-Lagerstätten und im Meerwasser gelöst vorkommt. Um einen chemisch stabilen Stoff zu zersetzen, wird eine große Menge an Reaktionsenergie benötigt. Der experimentelle Aufwand ist daher erheblich. Umgekehrt kann daher dagegen leicht gezeigt werden, dass bei der Reaktion der Bestandteile Natrium und Chlor zu Natriumchlorid eine stark exotherme Reaktion erfolgt.

Natrium und Chlor und die zu ihrer Herstellung notwendigen Stoffe sind Gefahrstoffe. Daher ist das Arbeiten mit kleinsten Stoffportionen in geschlossenen System erforderlich (GefstoffV Schutzstufe 3; RiSU).

 

2. Experiment

 
 

A Gasentwickler
B Wasserfalle
C Reaktionsrohr (starkwandiges Borosilikat-Glas, kein Quarz-Glas!)

D Sicherheitswaschflasche
E Gaswaschflasche
F Zugang/Belüftung
G Abschlussvolumen

H Stativmaterial
I Gasbrenner

1 Calciumhypochlorit
2 Salzsäure (w~15%)
3 Natrium
4 Natriumthiosulfat-Lösung
5 Restgas

Bild 1: Geschlossene Apparatur zur Natriumchlorid-Synthese mit sicherer Entsorgung;

Apparaturskizze mit Stoffbeschriftung

Apparaturskizze mit Aggregatzuständen und Operationen

Bild 2: Real-Bild während einer Lehrerfortbildung an der Uni-Münster (WWU Didaktik der Chemie)

 

 
Zahl
Artikel-Nr. Funktionsname Preis
(€, netto)
1
2002 HMT-Reaktionsgefäß GL18, L=100mm, seitl. Ansatz d=8mm 7,70
2
2003 HMT-Reaktionsgefäß GL18, 90° seitl. Ansatz GL18 11,90
1
6802 Glasrohr, Borosilikat-3.3-Glas 120*8*1,5mm 1,47
1
2203 T-Stück, 3* GL18 22,70
1
6014 Sicherheits-U-Rohr, 2*gewinkelt, d=8mm 6,80
1
4301 Pipetten-Ansatz, Luer-Lock PE-Glas, di=5mm, da=8mm

4,31

1
4446 Dreiwegehahn, Kunststoff, Luer-Lock 2,45
7
3001 GL18 Schraubkappe mit Loch 1,38
7
3106 Dichtung GL18, Loch GL16x8; PTFE-U-Stulpe 3,03
1
3003 GL18 Schraubverschluss mit Dichtung; Siliconelastomer/PTFE

1,88

1
1920 Pipettensauger V=1 mL 0,50
1
6001 Tropfpipette
120*8mm, Wandstärke 1mm
1,14

4
1002 Federklammer, d=16-18mm, Federn gegeneinander drehbar, kunststoffummantelt, bis 60°C 5,06
2
1003 Federklammer, d=27-35mm, verchromt 5,06
2
1013 Alu-Vierkantrohr, L-förmig; 280*90*10 mm 14,30

Sonstige Hilfsmittel:

2
1030 Alu-Vierkantmuffe, bis 14mm Spannweite 13,10
1
1100 MBM-Fußwangensatz (paarweise) 36,45
1
1101 MBM-Verlängerungswange 23,64
2
1102 MBM-Dreifachschiene 25cm 13,44

 

1
a001 Schutzbrille  
1

a002

Gasbrenner mit Sparflamme und Zündmittel  
1
a003 Messer mit einziehbarer Klinge (Cutter)  
1
a004 Pinzette  
1
a005 Alu-Unterlegschale  
1
a006 Gefäß zur Vereinigung der Rest-Chemikalien und Vorbereitung der Entsorgung  
1
a007 Becherglas  
 
 

Funktionsprüfung:

Die zusammengesetzte Apparatur muss im leeren Zustand auf Dichtigkeit geprüft werden. Man zieht dazu mit dem Kolbenprober eine Vakuum und hält dieses ca. 20 Sekunden. Dabei zieht sich der Gummisauger zusammen. Nach dem Entlasten muss ein leicht beweglicher Kolben wieder bis auf ca. 5 ml wieder in den Zylinder hineingezogen werden, wobei der Gummisauger immer noch einen leichten Unterdruck anzeigt. Schiebt man den Kolbenprober ganz hinein, so ist der Gummisauger wieder im Anfangszustand. Er soll sich aber dabei noch weich anfühlen. Ist er strammt gefüllt, hat die Apparatur über eine undichte Stelle etwas Luft gezogen. Erst nach einer gelungenen Funktionsprüfung kann die Apparatur mit Chemikalien befüllt werden.

 

 
3. Chemikalien und Sicherheitshinweise  
 

Chemikalien: alle Angaben sind als ungefähre Maßangaben anzusehen.
Gefahrstoffdaten sind im Internet mit der Gestis-Datenbank zu aktualisieren.

  • Calciumhypochlorit (techn.) ca. m(Ca(OCl)2 = 100 mg;
    Calciumhypochlorit
  • Salzsäure, c(HCl) = 6 mol/L; v = 2 mL;
  • Chlor; ist ein hochreaktives gelbgrünes giftiges Gas, (T, N; TRGS 900 AGW=0,5ppm MAK=0,5ppm;
    R:23-36/37/38-50; S: 9-45-61; WGK=2)
  • Natrium ist ein hochreaktives Metall (F, C; R: 14/15-34; S:5-8-43.7-45; WGK=2)
  • Natriumhydroxid, c(NaOH) = 2 mol/L; v = 20 mL; (zum Abbruch und Recycling);
  • Natriumthiosulfat (Na2S2O3), konzentrierte Lösung; v = 10 mL (zur Entsorgung des gasförmigen Chlors)
  • Eisenpulver, m = 10 mg (zur Entsorgung des gelösten Chlors)
  • Wasserstoffperoxid, (w = 3 Gew%) (zur Entsorgung des gebildeten Schwefeldioxid bzw. Sulfit)
  • Natriumchlorid

Persönliche Schutzausrüstung: Schutzbrille, Schutzhandschuhe, Arbeitskittel

Entsorgung:

Nach dem Experiment befinden sich noch erhebliche Anteile von Chlor in der Apparatur. Bevor die Apparatur geöffnet werden kann, muss die Chlorentwicklung gestoppt werden und gleichzeitig das noch vorhandene Chlor gebunden werden. Das Binden des Chlors kann durch Natronlauge oder Kalilauge oder alternativ durch Natriumthiosulfat in der Gaswaschflaschengruppe E,F geschehen.

Didaktischer Hinweis zum Experiment: Bindet man das Chlor mit verdünnter Kalilauge, so tritt eine Disproportionierung zu Kaliumchlorid und Kaliumhypochlorit mit gleichzeitiger Entfärbung ein. Bewahrt man diese Lösung auf, so kann man später aus dieser Lösung durch Ansäuern mit Salzsäure wieder Chlor (Chlorwasser) herstellen, dass für die Verdrängungsreaktionen von Bromid und Jodid, nicht aber von Fluorid aus ihren Salzen genutzt werden kann. (abgestufte chemische Eigenschaft innerhalb der homologe Reihe Chlor, Brom, Jod)

Benutzt man eine stark alkalisch gemachte Natriumthiosulfat-Lösung, so wird das gesamte Chlor zu Chlorid reduziert und dar eventuell entstehende Schwefeldioxid (T; R:23-34, S: 9-26/-36-37-39-45) als Sulfit gebunden. Reste von Schwefeldioxid verbleiben in der Gasphase, weshalb die Apparatur unter dem Abzug geöffnet werden muss. Will man auch das Sulfit noch entgiften, so muss die Entsorgungslösung von mit verdünnter Wasserstoffperoxid-Lösung versetzt werden wobei das Sulfit zu Sulfat oxidiert wird. Geringe Mengen überschüssigen Wasserstoffperoxids kann man mit einer Eisen(II)-Lösung reduzieren. Diese Lösung kann ins Abwasser gegeben werden. Durch die Verwendug sehr kleiner Stoffportionen in der Halbmikrotechnik kann jedoch schon die wässrige Lösung des Chlors ins Abwasser gegeben werden. Üblicherweise wird so auch Badewasser in Freibädern gechlort und damit schwach biozid gehalten.

Zur Vorbereitung des Öffnens der Apparatur zieht man mit dem Kolbenprober ein leichtes Vakuum und öffnet dabei die Apparatur durch Entfernen des Gummisaugers. Sofort tritt etwas Luft ein und verhindert so das Austreten von Chlor über den Tropfer. Nun füllt man nach und nach den Tropfer mit verdünnter Natronlauge und saugt die Lösung durch die saure Calciumhypochlorit-Lösung. Mit fortschreitender Zugabe von Natronlauge verschwindet die gelbe Farbe des Chlors aus der Lösung wegen der Reaktion mit der Natronlauge zu Natriumhypochlorit und Natriumchlorid (Disproportionierung).

 

 
 

 

 
4. Aufbau und Beladung mit Chemikalien  
 

Aufbau:

Die Apparatur besteht aus einem Gasentwickler (A), der durch eine Wasserfalle (B) vom Reaktionsrohr (C) (Borosilikatglas) getrennt ist. Überschüssige Gase werden nach Passieren des Reaktionsrohres (D) und einer Sicherheitsflasche(E) in der Gaswaschflasche (F) absorbiert. Nicht absorbierte Bestandteile werden als Restgas in einen Kolbenprober (H) aufgefangen. Der Dreiwegehahn (G) dient der Be- und Entlüftung.

Die Apparatur wird zuerst komplett liegend auf dem Tisch zusammengebaut. Anschließend wird die gesamte Apparatur von der Rückseite her mit Federklammern (runde Kunststoffseite) versehen. In die Stahlseiten der Federklammern wird das Alu-Vierkantrohr eingelegt bis die Federklammern einrasten. Dabei soll das Glührohr frei zwischen den Alu- Vierkantrohren hängen, damit es dort problemlos mit dem Gasbrenner erhitzt werden kann.

Die Apparatur wird im leeren Zustand auf Dichtigkeit geprüft (siehe Abschnitt 2. Experiment Funktionsprüfung).

Beladen der Apparatur

Danach erfolgt das Beladen Apparatur mit Chemikalien. Das geschieht in aufsteigender Reihenfolge der Gefährdung: man füllt erst die ungiftigen und unbeweglichen Stoffe ein (z.B. Feststoffe in tiefliegenden Gefäßen, Entsorgungsmittel). Anschließend geht man zu den gefährlicheren und leichter beweglichen Stoffen über. Im konkreten Fall ist die Reihenfolge:

  1. Natriumthiosulfat einfüllen (4, F)
  2. Calciumhypochlorit einfüllen (2, A)
  3. [Soll auch die "Giftwirkung" von Chlor demonstriert werden: Die Wasserfalle (B) mit dem Verschlussstück nach oben drehen, dann rote Blütenblätter, schwarze feuchte Haare oder ein Blatt Papier mit frischer königsblauer Tinte geben, zuletzt ist die Wasserfalle wieder zu verschließen und das Ansatzstück nach unten drehen.]
  4. Natrium in zwei Portionen mit ca. 1cm Abstand in das Reaktionsrohr (3, C) geben. Die Natriumstücke dürfen nicht so groß sein, dass sie im geschmolzenen Zustand das Reaktionrohr verschließen.
  5. halbkonzentrierte Salzsäure mit dem Tropfer (1, A) aufnehmen, an der Schraubkappe gehalten in den Gasentwickler (2, A) einsetzen und fest verschrauben.

Verdünnte Natronlauge wird bereithalten, um bei einer Störung während des Experimentes und nach dem Experiment (Entsorgung) die weitere Chlorentwicklung zu unterbrechen.

 

 

Durchführung und Beobachtung

Man führt die Umsetzung mit einer kleinen Portion Natrium durch, so dass ein Überschuss Chlor in der Apparatur verbleibt. Das überschüssige Chlor wird entsorgt, nachdem das Reaktionsrohr abgekühlt ist und das Chlorgas genügend Zeit hatte, auf die Blütenblätter in der Wasserfalle einzuwirken.

Zunächst erhitzt man das Natrium im Reaktionsrohr bis es schmilzt. Dabei zieht es sich zu einer Kugel zusammen und überzieht sich zunächst mit einer weißen Haut. Diese Haut nimmt bei weiterem Erhitzen blauschwarze Farbe. Das Natrium ist genügend erhitzt, wenn sich die Oberflächenspannung so weit erniedrigt, dass der anfängliche Tropfen zerfließt und die Wand des Reaktionsrohres benetzt.

Nun wird in dem Gasentwickler A die Salzsäure (1) zum festen Calciumhypochlorit (2) getropft. Sofort bildet sich unter Aufschäumen ein gelblich grünes Gas. Durch sofortiges Saugen am Kolbenprober H kann das Gas Chlor nach und nach mit dem Natrium zur Reaktion gebracht werden.

 

 
6. Auswertung, Ergebnis, Folgerungen, Ausblick, Literaturhinweise  
 

Auswertung:

Gasentwicklung [A]:   2 HCl,aq + Ca(OCl)2,s --> CaCl2,aq + H2O,l + Cl2,g

Reaktion mit Natrium [C]:   Cl2,g + 2 Na,s --> 2 NaCl,s

Chlor-Entsorgung mit Natriumthiosulfat:   [D, E] Cl2,g + Na2S2O3,aq + H2O --> 2 NaCl,aq + {S} +H2SO4,aq

oder "Chlor-Recycling":   Cl2,g + 2 Na(OH),aq --> NaCl,aq + NaOCl,aq + H2O,l

 

Ergebnis:

Aus Calciumhypochlorit und Salzsäure wird Chlor entwickelt (Komproportionierungsreaktion).
Elementares metallisch glänzendes Natrium reagiert mit elementarem gelblich-grünem Chorgas nach anfänglichem Erhitzen in einem stark exothermen Prozess zu einem weißen Feststoff. Dabei wird erhebliche Energie frei und ein gelbes Licht ausgestrahlt. Der weiße Feststoff ist in wenig Wasser löslich und kristallisiert nach den Verdunsten in würfelförmigen Kristallen aus.
Um diese Kristallform zu erkennen, wird das weiße Pulver aus dem Reaktionsrohr (3) auf einen Objekträger gekratzt und mit einem kleinen Tropen Wasser gelöst. Anschließend dampft man die Lösung vorsichtig ein. Es sind würfelförmige Kristalle unter dem Mikroskop erkennbar.

Folgerung:

Natriumchlorid (Kochsalz) bildet sich mit einer stark exothermen Reaktion aus den Elementen. Das erklärt die große Menge an natürlich vorhandenem Kochsalz in den Meeren und die mächtigen geologischen Steinsalzablagerungen ("Salzstöcke").

Ausblick:

Diese halbmikrotechnische Apparatur gestattet es, chemische Reaktionen mit hochgiftigen Gasen und äußerst reaktiven Stoffen durchzuführen. Die Verwendung der Halbmikrotechnik minimiert die verwendeten Stoffportionen und reduziert damit die Gefährdung und die Kosten für Einkauf, Lagerung und Entsorgung. Durch Verwenden einer geschlossenen Apparatur wird eine Entsorgung der Gefahrstoffe in der Apparatur möglich. Insgesamt werden so die Bedingungen für einen sicheren uns sachgerechten Umgang mit Chemikalien eingehalten.

 

 
Literatur  

Hamm, Johannes:

Der Born-Haber-Kreisprozess: http://www.hamm-chemie.de/k10/k10fo/fo_born_haber_kreisprozess.htm

Arbeitsblatt dazu: http://www.hamm-chemie.de/k10/k10ab/born_haber_kp.htm,

Redox-Reaktion: http://www.hamm-chemie.de/j12/j12ab/AB-Triebkraft-Redoxreaktion.pdf

wikipedia: Gitterenergie

Blume-Chemie: http://www.chemieunterricht.de/dc2/tip/04_00.htm

 
   
Alternative Apparatur  
 

Bild 3: Apparatur zur Natriumchlorid-Synthese ohne Entsorgung in der Apparatur

Mit dieser Apparatur muss unter dem Abzug gearbeitet werden, da die Apparatur nach dem Versuch noch mit giftigem Chlor gefüllt bleibt.

Statt mit Natrium kann der Versuch auch mit Lithium oder Kalium durchgeführt werden. Die Reaktionen sind beide wesentlich heftiger!

 

 
   

 

13.03.2012