Chemische Bindung I - Umgang mit Natrium und Chlor
Die Reaktion von Natrium mit Chlor zeigt auf spektakuläre Weise, welche Energien bei der Bildung einer chemischen Verbindung freigesetzt werden.
Ebenso ist das Experiment zur Darstellung von Natriumchlorid (Kochsalz) aus den Elementen Natrium und Chlor ist ein häufig genutzter Einstieg zum Verständnis der Ionenbindung bei Salzen und der Systematik der Anordnung der Elemente im Periodensystem.
Natriumchlorid (Kochsalz) ist ein in der Natur in großen Lagerstätten und im Meerwasser vorkommender Stoff. Als naturbeständiger Stoff befindet er sich offenbar in einem sehr stabilen Gleichgewicht. Natriumchlorid schmilzt erst bei bei ca. 800°C und verdampft unzersetzt bei ca. 1440°C, was auf eine sehr feste chemische Bindung hinweist. Es ist ungiftig und sogar ein notwendiger Bestandteil des Blutes (0,9 Gew-%). Im Körper muss der Gehalt ziemlich genau eingehalten werden, ein Mangel macht sich durch Muskelkrämpfe, ein Überschuss durch Durst bemerkbar. Obwohl es ungiftig ist, ist der Körper anfällig auf Störungen dieses Gleichgewichtes: versuchen Schiffbrüchige ihren Durst mit Meerwasser zu löschen, hat das paradoxerweise den Tod durch "Verdursten" zur Folge. Mit dem Meerwasser nimmt der menschliche Körper mehr Salz auf als durch die Nieren entsorgt werden können, wodurch "Durst" entsteht. Durch die Aufnahme salzfreien Wassers könnten die Nieren durch Verdünnen das Kochsalz ausschwemmen. Durch eine weitere Aufnahme von Meerwasser wird jedoch der umgekehrte Prozess erreicht.
Es würde sich lohnen, in einem Experiment zu zeigen, dass erhebliche Energien zur Spaltung von Kochsalz nötig sind. Der Versuch Natriumchlorid ähnlich wie Calciumcarbonat durch Glühen zu spalten, scheitert genau deshalb an den in der Schule zu erreichenden Temperaturen und Geräten.
Die Freisetzung von Natrium aus Natriumchlorid nach dem Natrium-Amalgam-Verfahren ist für den Anfangsunterricht ungeeignet, da Elektrolysen mit Quecksilber gemacht werden müssten. Die Gewinnung von Natrium aus Natriumhydroxid und Eisen (Davy) setzt hohe Temperaturen, geeignetes Tiegelmaterial und Vakuumapparaturen oder Inertgas voraus. Daher kann zum jetzigen Zeitpunkt nur von einer Darstellung von Natrium aus seinen Verbindungen im Unterricht abgeraten werden.
In der Technik wird Chlor in großem Maßstab mit Hilfe der Chor-Alkalie-Elektrolyse gewonnen, da Chlor in der Chemischen Industrie ein wichtiger Rohstoff für verschiedene Produkte ist (z.B. Biozide, PVC).
3 Natrium
Der Umgang mit Natrium ist Schülerinnen und Schülern ausdrücklich nicht erlaubt, obwohl die Einstufung mit den Gefahrstoffsymbolen (C, F) dieses nicht erkennen lässt. Natrium ist außerordentlich reaktiv und hat im Unterricht schon häufig zu gefährlichen Explosionen geführt (Gefahrstoffdaten) - Außerdem neigen Schülerinnen und Schüler dazu, die gefährlichen Versuche mit Natrium nachmachen zu wollen.
4 Chlor
Die Darstellung von reinem Chlor (Gefahrstoffdaten) aus Elektrolyse wässriger Chloride scheitert an der Beimengung von Sauerstoff. Die Darstellung aus geschmolzenen Salzen setzt hohe Temperaturen und geeignete Materialien voraus, die in der Schule selten vorhanden sind. Die Benutzung einer Chlorgasflasche ist in allgemeinbildenden Schulen ausdrücklich verboten. Chlor stellt man entweder durch Oxidation von Salzsäure mit Kaliumpermanganat oder durch Komproportionierung aus technischem Calciumhypochlorit mit konzentrierter Salzsäure her.
Da es sich bei Chlor um ein giftiges Gas mit einem niedrigen MAK-Wert von 0,5ppm handelt, ist besonders große Sorgfalt im Umgang angezeigt. Es ist vor dem Einsatz von Chlor abzufragen, ob jemand eine Chlorallergie besitzt. Kleine Gasvolumina Chlor dürfen zum unmittelbar anschließenden Versuchen zwischengespeichert werden. Das Lagern von Chlor bis zum nächsten Tag gefährdet das Reinigungspersonal und sollte daher unterbleiben.
5 Bildung von Natriumchlorid bei Raumtemperatur
In der Schule kann man daher nur die Bildung spontane, freiwillige Bildung von Natriumchlorid aus den Elementen zeigen. Das kann auf mehrere Arten erfolgen, eine davon ist die Umsetzung von Natrium mit Chlor bei Zimmertemperatur. Dabei setzt sich Natrium vollkommen unspektakulär in einer Chlorgasatmosphäre innerhalb kurzer Zeit merklich, nach einiger Zeit vollständig zu Natriumchlorid um, einem voluminösen, weißen Pulver. Hierfür ist eine allseits geschlossenen Apparatur zur Darstellung des Chlors und der Umsetzung mit Natrium erforderlich. Dazu ist eine Waschflaschenkombination mit einer Lösung zur Aufnahme und Entsorgung überschüssigen Chlors vorgesehen. Als geeignete Lösungen kommen zum Beispiel Natronlauge (Chlor disproportioniert) oder Natriumthiosulfat (Chlor wird reduziert) in Betracht.
Apparatur: Natriumchlorid-Synthese ohne Aktivierung mit Entsorgung des Chlor-Überschusses
6 Bildung von Natriumchlorid bei ca. 300°C
Wesentlich spektakulärer ist die Reaktion von Natrium mit Chlor nach der Aktivierung des Natriums auf Temperaturen deutlich über die Schmelztemperatur. Spätestens jetzt ist eine Gefahrenabschätzung und Gefahrenminimierung notwendig.
Gefahrenabschätzung
Darstellung | Gef.-Symb. | R-Satz | S-Satz | MAK |
---|---|---|---|---|
Calciumhypochlorit Ca(OCl)2 | O, C | R: 8-31-34 | S: (1/2)-26-43-45 | |
Salzsäure HCl (w=25%) | C | R: 14/15-34 | S: (1/2)-26-45 | 5 ppm |
Chlor Cl2 | T | R: 23-36/37/38 | S: (1/2)-7/9-45 | 0,5 ppm |
Natrium Na | F, C | R: 14/15-34 | S: (1/2)-5-8-43-45 | |
Natriumchlorid NaCl |
Stoffminimierung
Für das sichere Arbeiten wird gewünscht, dass alle Stoffe in der geschlossenen Apparatur verbleiben. Der ausschlaggebende Faktor ist das Volumen der auftretenden Gase und damit die Größe des verfügbaren Kolbenprober. Daraus ergibt sich für den Maßstab der Halbmikrotechnik der Richtwert etwa 1-2 Millimol Fassungsvermögen für Gase.
1 Millimol Gas
entspricht bei Raumtemperatur und normalen Druckverhältnissen 24 mL. Ein
handelsüblicher Kolbenprober fasst etwa 50-100 mL, es bleibt damit auch für
das Auffangen überschüssiger Gase genügend Reserve.
Für die Stoffportionen der Darstellung von Natriumchlorid aus den Elementen
bedeutet das:
Ca(OCl)2(s, techn.) + 2 HCl (aq) | ---> | Cl2(g) + CaCl2(s) + H2O(l) |
M:143 mg/mmol 2 * 36,5 mg/mmol | M(Cl2) = 71 mg/mmol | |
limitierender Faktor: max. V(Cl2, g) = 50 mL ---> ca. 2mmol Cl2 |
||
ergibt ungefähr: max. 0, 350 g Ca(OCl)2 ; weniger als 2 mL HCl (w=25%) |
Cl2(g) + 2 Na | ---> | 2 NaCl |
M: 71 mg/mmol 2 * 23 mg/mmol | M(Cl2) = 2 * 58,5 mg/mmol | |
limitierender Faktor: max. V(Cl2, g) = 50 mL ---> ca. 2mmol Cl2 |
||
ergibt
ungefähr: ca. 2 *(2 * 23 mg Na) ---> ca. 100 mg Na
r (Kugel) = 6 mm (Erbse) |
7 Apparaturen zur Umsetzung von Chlor mit Natrium bei erhöhter Temperatur
Natriumchlorid-Synthese ohne Entsorgung des Chlor-Überschusses (großes Bild)
Die oben gezeigte Apparatur macht die Benutzung beim Entsorgen des überschüssigen Chlor-Gases unbedingt erforderlich, da auch bei Verwendung von Natrium im Überschuss noch Chlor in Gasentwickler verbleibt und nicht restlos vom Kolbenprober G aufgefangen werden kann. Günstiger ist daher, die Apparatur um eine Gaswaschflaschen-Kombination zu erweitern, in der das Chlor zu Chlorid reduziert werden kann.
8 Natriumchlorid-Synthese bei erhöhter Temperatur mit Entsorgung des Chlor-Überschusses
Wenn man sich chemische Reaktion in einer geschlossenen Apparatur plant, wird es unumgänglich, sich über das Öffnen und die dann nötige Entsorgung der freiwerdenden Stoffe Gedanken zu machen. Die bloße Benutzung eines Abzuges entspricht nicht der Gefahrstoffverordnung: §19 Absatz 1, bei der die gesamte Reaktion in geschlossenen Apparaturen durchgeführt werden soll. Erst wenn das technisch nicht möglich ist, sieht die Gefahrstoffverordnung: §19 Absatz 2 die Benutzung eines Abzuges zur vollständigen Erfassung (und dann wohin ?) vor.
Zur Entsorgung wendet man die Denkweise in Antagonisten auf Gefahrstoffe an:
In der vorliegenden Natriumchlorid-Synthese benutzt man:
Entsorgungs-
mittel |
Gef.-
Symb. |
R-
Satz |
S-Satz | MAK |
---|---|---|---|---|
Natriumhydroxid NaOH | C | 35 | (1/2)-26-37/39-45 | |
Natriumthiosulfat
Na2 S2 O3* 5 H2 O |
||||
Schwefel S | ||||
Natriumsulfat
Na2SO4 |
||||
Ethanol CH3CH2OH | F | 11 | (2)-7-16 | 1900 ppm |
Die Stoffportionen dürfen, weil sie im Überschuss angewandt werden, selbst kenne bedenklichen Gefahrstoffe darstellen. Die Endprodukte der Entsorgung müssen Stoffe sein, die in der natürlichen Umgebung des Menschen vorkommen.
Das Beladen der Apparatur mit Chemikalien geschieht immer beginnend vom ungiftigen Unbeweglichen (Feststoff) und die gefährlicheren Unbeweglicheren über die ungefährlicheren und gefährlicheren Flüssigkeiten bis hin zu den gasen als letzte, wobei die giftigen Gase nach Möglichkeit erst in der verschlossenen Apparatur entstehen sollen.
Chemikalien und Hilfsmittel, die einen unvorhergesehen Verlauf beenden können, sind bereitzuhalten.
die Durchführung einer Reaktion mit strömenden Gasen wird bei zu erwartendem exothermen Verlauf entgegen der Gasstromrichtung durchgeführt, bei endothermen Prozessen mit der Gasstromrichtung. Man arbeit so dem spontanen Reaktionsverlauf entgegen.
ausgearbeitete Versuchsvorschrift
Übersicht als Word.doc-Folie
9 Natriumchlorid- Bildung aus energetischer Betrachtungsweise
Hinweise auf die gesetzlichen Bestimmungen
Chemikaliengesetz ChemG
Gefahrstoffverordnung GefStoffV
Richtlinie "Sicherheit im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht" SiNTU
© 2001 HMTC
- Halbmikrotechnik Chemie;
Klaus-G.
Häusler
;
haeusler[at]muenster[dot]de