Das Volumgesetz gasförmiger Verbindungen
Abhandlung von Alex. von Humboldt und J.F. Gay-Lussac
(1805-1808.)
Herausgegeben von W. Ostwald.
Leipzig
Verlag von Wilhelm Engelmann
Versuche über die eudiometrischen Mittel, und über das Verhältniss der Bestandteile der Atmosphäre
von
Alex. von Humboldt und J. F. Gay-Lussac
Vorgelesen in der ersten Klasse des National-Instituts am 21. Jan.1805
[3] | [Q134] Da wir unsre Arbeit hauptsächlich in der Absicht angefangen haben, um uns zu vergewissern, ob das Voltaische Eudiometer zur Analyse der Luft brauchbar sey, so machte dieses Eudiometer den Hauptgegenstand unsrer Untersuchung aus. Man hatte demselben Unzuverlässigkeit zur Last gelegt, und dass es den Sauerstoffgehalt der Luft zu klein angebe. Es schien uns aber, dass es hier nur auf Correctionen ankommen möchte, die man ausmitteln, und für deren Variationen man Gesetze auffinden müsste, um dieses Eudiometer eben so genau als bequem zu machen. Wir legten uns daher folgende Fragen vor: 1. Kann, wenn man ein Gemenge aus Wasserstoff und Sauerstoffgas im Voltaischen Eudiometer entzündet, eine dieser beiden Gasarten vollständig absorbirt werden? - [Q135] 2. Ist das Produkt der Verbindung dieser beiden Gasarten beständig von ,,einerlei Natur? - 3. Nach welchem Verhältnisse vereinigen sie sich zu Wasser? - 4. Welches sind die Gränzen der unvermeidlichen Fehler, beim Voltaischen Eudiometer? | ||||||||||||||||||||||||||||||
Wir wollen diese Fragen eine nach der andern untersuchen. Zuvor müssen wir jedoch die Art angeben, wie wir uns beide Gasarten in der grössten Reinheit verschafft haben.. Das Sauerstoffgas haben wir aus überoxygenirt-salzsaurem Kali entbunden. Um es möglichst rein von Stickgas zu erhalten, thaten wir das Salz in eine Retorte, schmelzten vor | |||||||||||||||||||||||||||||||
[4] | der Lampe ein Entbindungsrohr an, und füllten die Retorte bis über ein Viertel mit Wasser. Bevor das Salz sich zersetzen konnte, musste dieses Wasser verdampfen, und die übersteigenden Wasserdämpfe trieben sehr bald alle Luft aus der Retorte. Damit indess in der Zwischenzeit, ehe das Gas kam, nicht wieder Luft hinein treten möchte, hatten wir das Ende des Entbindungsrohres in eine Schale mit Quecksilber getaucht, welche weggenommen wurde, so bald das Gas erschien. Um zu vermeiden, dass nicht das Sauerstoffgas, indem es, in dem Recipienten in Blasen aufsteigt, aus dem Wasser, womit der Recipient gefüllt ist, Stickgas in sich aufnehme, leiteten wir das Sauerstoffgas gleich in den obersten Theil des Recipienten, vermittelst einer rechtwinklig gebogenen Glasröhre hinauf, die wir vermöge eines durchbohrten Korkstöpsels vor dem Entbindungsrohre befestigten. Diese sehr einfache Methode ist besonders bei Gasarten zu empfehlen, die im Wasser auflöslich sind, z. B. beim kohlensauren Gas, beim oxydirten Stickgas und ähnlichen. - Unser Wasserstoffgas erhielten wir durch Zersetzung des Wassers, vermittelst Zink und Salzsäure oder Schwefelsäure, wobei wir die Säure mit ungefähr 6 Theilen Wasser verdünnt hatten. Wir beobachteten die Vorsicht, die ganze Entbindungsflasche mit verdünnter Säure voll zu giessen, und das Gas ebenfalls nicht durch Wasser steigen zu lassen. - Aber dieser Vorsicht ungeachtet zeigten sieh in unserm Sauerstoffgas, als wir es mit Schwefelkali behandelten,. noch 0,004 Stickgas, und in unserm Wasserstoffgas mussten, wie wir weiter unten sehen werden, noch 0,006 Stickgas enthalten seyn. Nach diesen Aufklärungen wendeten wir uns den Fragen zu, die wir zu lösen unternommen hatten, und begannen mit der folgenden: | ||||||||||||||||||||||||||||||
Kann, wenn man ein Gemenge aus Sauerstoffgas und Wasserstoffgas [Q136] im Voltaischen Eudiometer entzündet, eine dieser beiden Gasarten vollständig absorbirt werden? | |||||||||||||||||||||||||||||||
Gesetzt, dieses wäre der Fall, so müssten, schien es uns, beide Gasarten sich genau nach demselben Verhältnisse zu Wasser vereinigen, gleich viel, ob das eine oder das; andere vorwaltet. In der That war dieses sehr nahe der Fall, als wir 300 Theile Wasserstoffgas und 100 Theile Sauerstoffgas, und dann 200 Theile vom ersten und 200 Theile vom andern Gas mit einander entzündeten, und die nöthigen Correctionen wegen der nicht völligen Reinheit unsers Gas mit in Rechnung brachten. Es wäre zwar wohl möglich, dass, ungeachtet | |||||||||||||||||||||||||||||||
[5] | eine der beiden Gasarten vollständig verschluckt würde, die Verhältnisse, wo nach sie sich mit einander vereinigten, wenn das eine, und wenn das andere Gas vorwaltet, nicht dieselben wären; nämlich, wenn sich in einem Falle ein oxygenirtes, im andern ein hydrogenisirtes Wasser bildete. Da sich aber wirklich dieselben Verhältnisse fanden, so müssen wir nothwendig schliessen, dass im ersten Falle das Sauerstoffgas, im andern das Wasserstoffgas vollständig sey verschluckt worden. Wenn bei einigen Mischungen von Sauerstoffgas und Wasserstoffgas eine vollständige Absorption der einen oder der andern Gasart Statt findet, so berechtigt uns das nicht, zu schliessen, dass das bei allen Mischungsverhältnissen der Fall sey. Vielmehr giebt es nicht nur Verhältnisse, wornach beide Gasarten mit einander, oder mit einem dritten Gas gemischt seyn können, bei denen es unmöglich ist, sie durch den electrischen Funken zu entzünden; sondern auch andere, bei denen die Entzündung zwar anfängt, jedoch vor dem vollständigen Verbrennen aufhört. Folgende Versuche scheinen uns dieses auf eine überzeugende Art darzutbun. | ||||||||||||||||||||||||||||||
[Q137]
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Es ist auffallend, in diesen Versuchen zu sehen: 1. dass eine Absorption; die bei sehr verschiedenen Verhältnissen constant ist, sich plötzlich in eine abnehmende Absorption verwandelt; 2. dass das Verbrennen von Wasserstoffgas, nachdem es angefangen hat, aufhören kann, bevor sie ganz vollendet ist; 3. dass es Mischungen von Wasserstoffgas und Sauerstoffgas nach solchen Verhältnissen giebt, dass es nicht mehr möglich ist, sie zu entzünden. Diese Phänomene werden sich aus | |||||||||||||||||||||||||||||||
[6] | der Folge aufklären. Jetzt genügt es uns, durch diese Versuche uns überzeugt zu haben, dass es Verhältnisse, und zwar zwischen ziemlich weiten Gränzen giebt, bei welchen das Wasserstoffgas vollständig verbrennt. | ||||||||||||||||||||||||||||||
In diesen Versuchen waltete das Sauerstoffgas vor. Dieselben Phänomene finden indess auch umgekehrt Statt, wenn man der Reihe nach 100 Theile Sauerstoffgas erst, mit 200, dann mit 300 Theilen, und so ferner mit 1000 und mehr Theile Wasserstoffgas mischt und entzündet, nur mit dem Unterschiede, dass die Gränze, wo die Absorption constant zu seyn aufhört, hier weiter hinaus liegt. Und das erklärt sich sehr natürlich daraus, dass beim Entzünden in diesem Falle sich 300 Theile, im vorigen dagegen nur halb so viel Theile gegenseitig absorbiren. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Auch Stickgas und kohlensaures Gas geben ähnliche Resultate. Entzündet man z. B. eine Mischung aus 900 Theilen Stickgas mit 100 Theilen Wasserstoffgas und 100 Theilen Sauerstoffgas, so verschwinden nur 50 Theile, (bald einige mehr, bald einige weniger,) indess wir bei einem geringern Antheile an Stickgas, stets die vollständige Absorption von 146 Theilen [Q138]erhielten. Das Stickgas scheint sich hier also gerade wie das Sauerstoffgas zu verhalten, da der Versuch mit 100 Theilen Wasserstoffgas und 1000 Theilen Sauerstoffgas dieselbe Absorption gab; doch fussen wir hierauf weiter nicht, da es uns noch an den nöthigen Versuchen fehlt. Genug, dass die Versuche, welche wir bereits angestellt haben, beweisen, dass, wenn Mischungen aus Sauerstoffgas und Wasserstoffgas mit verschiedenen andern Gasarten gemischt werden, die Absorption bis zu einer gewissen Gränze constant sein kann, über welche hinaus sie sehr schnell abnimmt. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Da bei dem eben erwähnten Versuche mit einer Mischung aus, drei Gasarten die 100 Theile Wasserstoffgas nicht vollständig verbrannt waren, so versuchten wir, den Rückstand zu zerlegen. Phosphor verminderte 100 Theile desselben in 4 Stunden um 7 Theile; ein offenbarer Beweis, dass sich im. Rückstande noch Sauerstoffgas befand. Wir brachten darauf andere 200 Theile des Rückstandes mit 200 Theilen, Sauerstoffgas und 200 Theilen Wasserstoftgas in das Voltaische Eudiometer; nach dem Entzünden waren 312 Theile verschwunden. Da nun, nach den Versuchen, die wir weiterhin anführen werden, 100 Theile Sauerstoffgas 200 Theile Wasserstoffgas erfordern, um sich damit zu sättigen, so hätte mit | |||||||||||||||||||||||||||||||
[7] | dem nicht ganz reinen Wasserstoffgas, dessen, wir uns hier bedient haben, eine Absorption von 292 Theilen erfolgen sollen. Mithin musste, da sie 312 Theile betrug, der Rückstand nothwendig so viel Wasserstoffgas enthalten, als nöthig ist, die Absorption von 292 auf 312 Theile zu bringen, [Q139] das ist, 43,3 Theile. - Die Rechnung giebt 12 Theile. Man sieht hier also offenbar, dass, obgleich die Entzündung Statt fand, doch das Verbrennen nicht vollständig war, indem wir allen Wasserstoff,. der nicht in chemische Verbindung getreten seyn konnte, im Rückstande wirklich wieder gefunden haben. Bei jeder nicht vollständigen Absorption war die Entzündung nur wenig lebhaft. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Vergleichen wir die Wirkung der Electricität beim Entzünden von Mischungen aus Wasserstoffgas und Sauerstoffgas mit der Wirkung einer hohen Temperatur, so ist der Gedanke sehr natürlich, dass auch im erstern Falle die Entzündung bloss von der Wärme herrühren möchte, die der electrische Funke dadurch bewirkt, dass er das Gasgemisch bei seinem I)urchgange augenblicklich comprimirt. Wir wussten aus unseren eigenen Versuchen, dass die Entzündung einer solchen Mischung durch Wärme lediglich auf dem Grade der Wärme beruht, und nur in einer Temperatur von einer bestimmten Höhe Statt findet. Denn lässt man das Gasgemisch sehr langsam durch eine Röhre steigen, die von ihrem Ende bis zur Mitte sehr allmälig erhitzt wird, und verhindert das selbe nicht, sich frei auszudehnen, so erfolgt die Entzündung sogleich, wenn die Temperatur eine gewisse Höhe erreicht hat. Nun aber drückt der electrische Funke bei seinem schnellen Durchgange auf die Gastheilchen, da er seine Bewegung ihnen nicht augenblicklich mittheilen kann: dadurch entsteht eine augenblickliche sehr starke Compression; diese bewirkt eine Temperaturerhöhung über die Gränze hinaus, bei der die Entzündung des Gasgemisches eintritt, und folglich die Entzündung in einigen Stellen, und ist diese einmal angefangen, so. verbreitet sie sich sehr schnell durch das Ganze. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Dieser Vorstellung von der Wirkungsart der Electricität zu Folge, schien es uns, dass, im Falle ein schwacher electrischer Funke nur ein unvollständiges Verbrennen in einem Gemische aus Sauerstoffgas und Wasserstoffgas bewirkt, ein stärkerer electrischer Funke ein vollständigeres Verbrennen veranlassen müsse. Sey es indess, dass wir keine hinreichend lebhafte Eltricität angewendet, oder dass wir unsre Versuche nicht | |||||||||||||||||||||||||||||||
[8] | genug vervielfältigt haben; unsre Resultate fielen nicht merkbar verschieden aus, wir mochten den Funken eines Elektrophors von 31/2 Zoll Durchmesser; oder den Entladungsfunke einer stark geladenen Leidner Flasche anwenden. Doch erlaubte uns die Einrichtung unsers Eudiometers nicht, recht lebhafte Funken hinein zu bringen, und wir lassen daher die Entscheidung hierüber [Q140] bis zu weitern Untersuchuxgen ausgesetzt. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Beim Entzünden eines Gemisches von 100 Theilen Wasserstoffgas, 100 Theilen Sauerstoffgas und 800 Theilen Stickgas blieb, wie wir gesehn haben, ein Rückstand, welcher in 100 Theilen 6 Theile Wasserstoffgas, 8 Theile Sauerstoffgas und 86 Theile Stickgas enthielt. Folglich wurde die Entzündung gehemmt, als dieses Verhältnis der Mischung eintrat, und ein neuer electrischer Funke würde hier keine Entzündung haben bewirken können. Da nun die Atmosphäre lange nicht 0,06 Wasserstoffgas enthält; so vermag der electrische Funke nicht, sie zu entzünden; oder thäte das vielleicht der Blitz wegen seiner grossen Kraft, so wird doch die Entzündung sich nicht weiter verbreiten können, sondern den Orten, so zu sagen eigenthümlich seyn, durch welche der Blitz unmittelbar hindurch fährt. Folglich lassen sich die Meteore nicht durch Entzündung von Wasserstoffgas vermöge des Blitzes, und noch viel weniger vermöge, kleinerer; electrischer Entladungsfunken erklären; es sey denn, die Luft enthalte im Augenblicke; da diese Meteore entstehen, mehre als 6 Hundertel Wasserstoffgas, welches indes gegen alle Wahrscheinlichkeit ist, besonders wenn man bedenkt, dass Luft, die in einer sehr grossen Höhe aufgefangen, wurde, keinen wahrnehmbaren Gehalt an Wasserstoffgas bei vergleichenden Versuchen mit Luft von der Oberfläche der Erde gezeigt hat. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Gesetzt, es fände wirklich beim Durchgange des electrischen Funkens durch Gas, jedes Mal eine locale und instantane Wärme Statt, welche von der Compression der Gastheilchen herrührte; so scheint es, müsse es möglich seyn, durch electrische Funken, welche man wiederholt durch ein solches nicht mehr entzündliches Gasgemisch durchschlagen liesse, in diesem Gemische vermöge kleiner localer Entzündungen an den Orten des Durchganges, alles Wasserstoffgas, das hier in sehr vielem Stickgas und Sauerstoffgas oder bloss in Sauerstoffgas ertränkt ist; allmälig zu zerstören. Dass diesem so sey, dafür scheint die Erfahrung zu sprechen, dass Aether und Ammoniakgas, | |||||||||||||||||||||||||||||||
[9] | die beim Durchgange durch eine glühende Röhre durch blosse Wärme zersetzt werden, sich auch durch electrische Entladungsfunken zersetzen lassen. Es würde in dieser Hinsicht sehr interessant seyn, zu versuchen, ob sich ein entzündbares Gemisch von Wasserstoffgas und Sauerstoffgas noch möchte durch electrische Funken entzünden [Q141] lassen, wenn man es vermittelst der Luftpumpe stark verdünnt hätte. Beruht die Entzündung wirklich auf der Hitze, welche dadurch bewirkt wird, dass der electrische Funke das Gas comprimirt; so müsse, scheint es, hier eine weit geringere Compression und Wärme bewirkt werden, und es müsse daher eine Dilatation geben, bei der keine Entzündung mehr Statt finde. Noch haben wir nicht Zeit gehabt, die hier in Vorschlag gebrachten Versuche selbst anzustellen; doch ist das unser Vorsatz, und wir hoffen selbst, es recht bald thun zu können. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Bis hierher ist von uns Folgendes dargethan worden: Es giebt Mischungsverhältnisse von Wasserstoffgas und Sauerstoffgas, oder von beiden mit Stickgas, bei denen ein vollständiges Verbrennen des Wasserstoffgas Statt findet. Es giebt andere Mischungsverhältnisse, bei denen das Verbrennen aufhört, bevor es voll ist; und noch andere, bei denen kein Entzünden möglich ist. Das Wasserstoffgas, welches nicht verbrennt, findet sich ganz im Rückstande. Wenn sich durch den electrischen Funken kein Verbrennen vollständig bewirken, oder auch nur einleiten lässt, so ist es hinlänglich, um diesen Erfolg zu erhalten, den Antheil des Gasgemisches an Wasserstoffgas oder Sauerstoffgas zu erhöhen. Die meteorologischen Erscheinungen können durch kein Verbrennen von Wasserstoffgas bewirkt werden, weil in den Regionen, wo, wie man annimmt, die vorzüglichsten entstehen, z. B. die plötzlichen Regengüsse, die nicht selten gleich auf Donnerschläge folgen, die Luft mehr als 6 Hundertel Wasserstoffgas enthalten müsste, weil nur dann ein Entzünden möglich wird, und selbst dann könnte nur der Ueberschuss über diesen Gehalt an Wasserstoffgas verbrennen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Der Fall, wo das Verbrennen nicht vollständig ist, scheint sieh nach den Gesetzgin der Verwandtschaft daraus erklären zu lassen, dass das eine Gas, wenn es sehr vorwiegt, das andere durch seine Verwandtschaft zu demselben schützen, und dem Verbrennen zum Theil entziehen kann. Mag gleich diese Verwandtschaft sehr geringe seyn, so ist es doch nach Berthollet's Lehren begreiflich, wie die Menge des Gas hier | |||||||||||||||||||||||||||||||
[10] | das ersetzen kann, was an Verwandtschaft abgeht; und wenn die verschiedenen Gasarten hierbei ein verschiedenes Vermögen zeigten, das Verbrennen zu hemmen so, würde das aus ihrer verschiedenen Natur zu erklären seyn. - Wie sollte man aber hiernach den plötzlichen Uebergang von einer constanten Abtsorption, die bei einigen Mischungsverhältnissen von Sauerstoffgas und Wasserstoffgas Statt findet, in eine abnehmende Absorption erklären, da man doch [Q142] zugeben muss, dass, wenn das Wasserstoffgas wirklich dem Verbrennen durch die Einwirkung des Sauerstoffgas entzogen werden könne, die Wirkung dieses letztern doch nach einem Gesetze regelmässiger folgen müsse? Wie wäre es zu begreifen, dass beide Gasarten, nachdem sie in Umständen gewesen, die ihrer Vereinigung günstig sind, sich vermöge ihrer Verwandtschaft im elastischen Zustande erhalten sollten, indess sie in eine Verbindung von viel grösserer Dichtigkeit, dem Wasser, treten könnten? Wie, endlich, sollte eine Verwandtschaft, die eine sehr grosse Condensation und Sättigung hervor bringt, einer Verwandtschaft nachstehen können, welche in dem Volumen beider Gasarten, keine Veränderung bewirkt und keine Sättigung erzeugt? Wasserstoff und Sauerstoff, in welchem Zustande sie auch seyn mögen, haben immer einerlei Grad von Verwandtschaft; weil diese Verwandtschaft, durch ihre Sättigungscapacität gemessen wird; nur kann der Zustand, worin, sie sich befinden, ihrer Vereinigung mehr oder minder günstig seyn. Aussagen, dass beide im Gaszustande eine grössere Verwandtschaft als im flüssigen Zustande haben, würde heissen, behaupten, dass ihre Theilchen sich stärker anziehn, wenn sie sehr von einander entfernt, als wenn sie nahe bei einander sind. - Diese Einwendungen gegen jene bloss aus der Verwandtschaft abgeleitete Erklärung scheinen uns von Gewicht zu seyn. Wir wollen daher eine andere Erklärung versuchen, die uns diesen Schwierigkeiten nicht ausgesetzt zu seyn scheint. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Alle verbrennliche Körper erfordern in der Regel eine gewisse Temperaturerhöhung, um sich mit dem Sauerstoff zu vereinigen. So z. B. verwandelt sich die Kohle erst wenn sie roth glüht in kohlensaures Gas, und indess sie bei einer hohen Temperatur fortbrennt, auch wenn man einen Strom von Wasserdämpfen auf sie leitet, erlischt sie sogleich, wenn sie in Wasser getaucht wird. Giebt man dieses als Grundsatz zu, dass alle Körper eine gewisse Temperaturerhöhung fordern, um zu brennen, so wollen wir uns nun einen Körper denken, der in | |||||||||||||||||||||||||||||||
[11] | einem gegebenen Volumen atmosphärischer Luft brennt, und annehmen, die zum Fortbrennen unentbehrliche Temperatur werde lediglich durch die Wärme herbei geführt, die beim Absorbiren des Sauerstoffs frei wird. Wir wollen ferner die Wärme, welche auf diese Art zu Anfang des Verbrennens aus 1 Kubikzoll Luft frei wird, gleich 1 setzen, und annehmen, es gehe während des Brennens immerfort die Hälfte derselben verloren, theils als strahlende Wärme, theils weil das Stickgas und andere Körper etwas davon verschlucken, (wobei wir also das Gesetz, wonach dieser Verlust allmälig abnimmt, zur Seite liegen lassen). Man übersieht leicht, dass während der ersten Augenblicke des Verbrennens die Temperatur des Körpers zunehmen muss, dass aber in dem Grade, wie die Menge des Sauerstoffgas abnimmt, und folglich die des Stickgas verhältnissmässig grösser wird, auch die Hitze, welche dem Körper mitgetheilt wird, abnehmen muss. Es wird folglich endlich ein Zeitpunkt eintreten, da die Wärme, [Q143] welche verloren geht, der Wärme, welche mitgetheilt wird, gleich ist, und über diesen Zeitpunkt hinaus wird die Temperatur zu niedrig seyn, als dass das Verbrennen fortdauern könnte. Ein Beweis dafür, dass das Verbrennen bloss wegen der zu niedrigen Temperatur aufhört, ist, dass, wenn man eine hinreichend hohe Temperatur künstlich unterhält, der Körper fortfährt zu verbrennen. Diese Erklärung gilt auch, wenn statt des Stickgas irgend ein anderes unverbrennliches Gas, z. B. schwefelsaures Gas oder kohlensaures Gas, dem Sauerstoffgas in eben dem Verhältnisse beigemischt ist, nur dass dann das Verbrennen eher oder später aufhören würde, je, nachdem diese Gasarten eine sehr viel grössere oder. sehr viel kleinere Capacität für den Wärmestoff, als das Stickgas haben sollten. Haben alle Gasarten gleiche Capacitäten für den Wärmestoff, so müsste das Verbrennen unter gleichen Umständen in ihnen allen zugleich aufhören, wie das ungefähr bei den Mischungen von Sauerstoffgas und Stickgas mit Wasserstoffgas der Fall war. Vielleicht liesse sich auf diesem Wege zu einer Antwort auf die wichtige Frage kommen, ob alle Gasarten einerlei Wärmecapacität haben, oder nicht. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Hiernach würde ein verbrennlicher, Körper; wie z. B. Schwefel, in einem bestimmten Volumen Luft nicht desshalb zu brennen aufhören, weil die Verwandtschaft des Stickgas oder der erzeugten Gasarten zum Sauerstoffgas stärker wäre, als die des verbrennlichen Körpers zu diesem Gas; sondern weil die Wärme, welche durch jene Gasarten absorbirt wird, | |||||||||||||||||||||||||||||||
[12] | indem sie sich in ein Gleichgewicht der Temperatur mit dem brennenden Körper zu setzen streben endlich grösser ist, als die Wärme, welche beim Fixiren des Sauerstoffs frei wird, da dann die Temperatur sehr bald unter die herab sinken muss, welche zum Verbrennen unentbehrlich ist. Es ist bekannt, dass der Schwefel in der That in einer Luft, in welcher er verlöscht ist, fortbrennen kann, wenn man seine Temperatur hinlänglich erhöht. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Bei dem augenblicklichen Verbrennen des Wasserstoffgas im Voltaischen Eudiometer geht ganz dasselbe vor, als beim allmäligen Verbrennen desselben oder irgend eines andern Körpers, in einem gegebenen Volumen von Luft. Stellt man unter eine Glocke voll Sauerstoffgas einen Apparat, worin Wasserstoffgas wie in einer Lampe brennt, so ist die Flamme klein, lebhaft und leicht gefärbt. Nimmt man statt des Sauerstoffgas atmosphärische Luft, so wird die Flamme grösser, minder lebhaft und stärker gefärbt; nach Maassgabe, wie der Artbeil an Sauerstoffgas abnimmt, wird die Flamme [Q144] immer grösser, weil dann das Wasserstoffgas sich immer weiter verbreiten muss, um das Sauerstoffgas aufzufinden; endlich färbt. sich die Flamme sehr leicht bläulich-grün, und erlischt darauf bald, obschon die Luft noch mehrere Hundertel an Sauerstoffgas euthält. In dem Voltaischen Eudiometer sind die Phänomene ganz analog. Weicht die Mischung des Sauerstoffgas und Wassersteffgas nicht weit von dem Verhältnisse ab, worin beide sich zu Wasser vereinigen, so ist die Flamme, ungeachtet ihrer Dilatation, noch sehr lebhaft. Bei einem Gemische von 1000 Theilen Sauerstoffgas mit 100 Theilen Wasserstoffgas, ist dagegen die Flamme schwach, bläulich-grün gefärbt, und das Wasserstoffgas verbrennt bei weitem nicht vollständig, da man fast noch zwei Drittel desselben im Rückstande findet. Treibt man diesen Rückstand durch eine roth glühende Porzellanröhre, so verbrennt das Wasserstoffgas desselben noch vollständig; wie es scheint, ein Beweis, dass der Grund; warum das Verbrennen im Eudiometer nicht vollständig erfolgte, lediglich darin liegt, dass die Temperatur in demselben während des Verbrennens nicht hoch genug blieb. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Noch müssen wir ein sehr sonderbares Phänomen bei der chemischen Vereinigung von Wasserstoffgas und Sauerstoffgas mit einander, bemerken, welches schon vor gerauter Zeit die Aufmerksamkeit Mongeīs auf sich gezogen hat. "Wie kömmt es," sagt diese berühmte Physiker, "dass, indem man die | |||||||||||||||||||||||||||||||
[13] | Temperatur dieser beiden Gasarten, mithin die Dosis des Auflösungsmittels erhöht, man die Adhärenz desselben mit den beiden Basen vermindert?" - Weit entfernt, zu glauben, dass sich nach dem jetzigen Zustande unsrer Kenntnisse auf diese Frage eine genügende Erklärung geben lasse, empfehlen wir sie bloss der Aufmerksamkeit der Physiker. Nach den Vorstellungen, die wir uns von der Kraft machen müssen, welche die Vereinigungen bewirkt, und von den Kräften, die ihnen entgegen streben, deutet der elastische Zustand eine gänzliche Aufhebung der Kraft der Cohäsion an, und zwei Körper in diesem Zustande sind unter den vortheilhaftesten Umständen für ihre Vereinigung. Da aber nun die anziehende Kraft ihrer Theilchen in eine zurück stossende Kraft verwandelt ist, so müsste jede Ursache, welche die letztere begünstigt, der erstern entgegen streben; und doch findet sich hier, dass, indem die Temperatur zweier Gasarten, mithin ihre Repulsivkraft vermehrt wird, dies ihre anziehende Kraft begünstigt. Es lässt sich überhaupt nicht glauben, dass die Wärme nichts anderes thue, als dass sie die Theilchen der Gasgemische von einander entferne; denn wäre das der Fall, warum sollte sich dann nicht. ein Gemisch an Sauerstoffgas und Wasserstoffgas bloss dadurch entzünden, dass man es im Recipienten der Luftpumpe ins Unbestimmte verdünnte? Auch lässt sich nicht annehmen, dass die Wärme, indem sie augenblicklich wirkt, eine Compression hervor bringe, welche die Theilchen einander nähere, [Q145] und dadurch die Vereinigung der beiden Gasarten begünstige. Denn man kann sich leicht überzeugen, dass ein Gemiseh von Wasserstoffgas und Sauerstoffgas, welches man, ohne die Dilatstion desselben zu hindern, sehr allmälig erhitzt, sich doch entzündet, wenn nur die Temperatur hoch genug. gestiegen ist. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Wir wenden uns nun, nachdem wir es ausser Streit gesetzt haben, dass unter bestimmten Umständen die Absorption des Wasserstoffgas oder des Sauerstoffgas im Voltaischen Eudiometer vollständig ist ,zu der Frage, ob das Produkt der Verbindung constant.ist. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Nach allen bisherigen Versuchen über die Zusammensetzung des Wassers hat zu allgemein angenommen, dass dieses Produkt stets ein und dasselbe sey. Zwar erhielt man einige Mal zugleich einen geringen Antheil Salpetersäure; man hat sich aber hinlänglich überzeugt, dass diese Säure ein sehr zufälliges | |||||||||||||||||||||||||||||||
[14] | Produkt ist, und Cavendish, der erste, der sie erhielt, und Fourcroy, Seguin und Vauquelin haben, uns gelehrt, wie man sie zu vermeiden habe, und wie es anzufangen sey, dass man ein ganz säurefreies Wasser erhalte. Zwar hat man keinen Beweis dafür, dass in diesen Versuchen nicht ein oxygenirtes oder ein hydrogenirtes Wasser gebildet worden sey, da man in allen genauen Versuchen, die bisher angestellt worden, das Wasserstoffgas stets auf dieselbe Art verbrannt hat; und daher möchte es bisher höchstens bewiesen gewesen seyn, dass das Produkt, welches man erhielt, unter denselben Umständen immer dasselbe ist. Ja, wollte man nach der Analogie des Salpetergas, dessen Produkte des Verbrennens so gar verschieden sind, urtheilen, so dürfte es scheinen, als habe man selbst Grund, zu glauben, dass, weil in allen jenen Versuchen immer das, Sauerstoffgas vorwaltete, man stets ein oxygenirtes Wasser bekommen habe, indess, wenn das Wasserstoffgas vorgewaltet hätte, man ein hydrogenirtes Wasser erhalten haben würde. Hier haben wir indess eine grosse Zahl von Versuchen mitgetheilt, welche darthun, dass sich Wasserstoffgas und Sauerstoffgas stets nach demselben Verhältnisse mit einander vereinigen, das eine oder das andere mag im Uebermaasse vorhanden seyn. Folglich ist nicht zu zweifeln, dass das Produkt. des Verbrennens des Wasserstoffgas stets von einerlei Natur ist. | ||||||||||||||||||||||||||||||
In den neuesten Zeiten glaubte, man an der Zersetzung des Wassers durch [Q146] die Galvani'sche Electricität einen Beweis gefunden zu haben, dass das Wasser fähig sey, sich zu oxygeniren oder zu hydrogeniren; eine Annahme; vermittelst der die Hrn. Laplace und Berthollet die sonderbare Zersetzung des Wassers an zwei Drähten, die mit den Polen einer Galvani'schen Säule verbunden sind, zu erklären versucht, haben. Doch ohne gerade eine Einwendung gegen diese Erklärung machen zu wollen, welche uns von allen bisher versuchten die genügendste scheint, bemerken wir, dass die vollständige Absorption alles Sauerstoffs an dem einen, und alles Wasserstoffs an dem andern Drahte, vielmehr einen Beweis abgeben möchte, dass kein ozygenirtes oder hydrogenirtes Wasser. entstehen kann. Denn sollte das der Fall seyn, so müsste das Wasser einen, dieser beiden Grundstoffe; in grösserm Maassee als nach dem Verhältnisse, worin sie Wasser bilden, verschlucken. Absorbiert es dagegen beide genau in diesem Verhältnisse, so werden beide völlig neutralisiren, und höchstens, fände | |||||||||||||||||||||||||||||||
[15] | eine instantene Oxygenirung an einen und eine instante Hydrogenirung an dem andern Drahte Statt; da, aber dann beide Grundstoffe ihrer Elasticität beraubt, und in dem gehörigen Verhältnisse, um Wasser zu bilden, vorhanden sind, so müssen sie sich sogleich wieder mit einander vereinigen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Nachdem nun erwiesen ist, dass unter gegebenen Umständen Sauerstoff und Wasserstoff vollkommen verschwinden, und ferner, dass das Produkt ihrer Verbindung constant ist, handelt es sich nunmehr um die Erledigung der dritten Frage, welche wir uns gestellt haben, nämlich das Verhältniss zu bestimmen, nach welchem Sauerstoff und Wasserstoff sich zu Wasser verbinden.. Auf diese Bestimmung sind die nachfolgenden Versuche gerichtet. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Zu 100 Theilen Sauerstoff fügten wir 300 Theile Wasserstoff und erhielten nach der Entzündung durch den electrischen Funken in 12 Fällen nachstehende Rückstände
deren Miittelwerth 101,3 ist. |
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[Q147] Somit hätten 100 Theile Sauerstoff, vorausgesetzt dass dieser ganz rein war, 198,7 Wasserstoff erfordert; als wir aber unseren Sauerstoff mit Schwefelalkali untersuchten, fanden wir, dass er bis auf 0,004 verschluckt wurde. Es folgt daher, dass 99,6 Sauerstoff 199,1 oder 100 Sauerstoff 199,89 Wasserstoff verbraucht haben, oder endlich, dass 100 Sauerstoff zur Sättigung 200 Wasserstoff brauchen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Bei den vorstehenden Versuchen war der Sauerstoff verschwunden. Wir kehren nun das Verhältniss um, und entzünden ein Gemenge von 200 Theilen jedes Gases; folgendes sind die Rückstände der Verbrennungen
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Falls der Wasserstoff rein gewesen wäre, so hätten 200 Theile 98,3 Sauerstoff erfordert, während es nach dem oben aufgestellten Verhältniss 100 Theile hätten sein müssen. Nehmen wir aber das letzte Verhältuiss als richtig an, so wären | |||||||||||||||||||||||||||||||
[16] | von den verschwundenen 298,3 Theilen 198,8 Wasserstoff, was auf 0,006 Stickstoff in dem Gas schliessen lässt. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Selbst wenn wir den Wasserstoff als völlig rein annehmen, so stimmen die beiden Reihen mit vorherrschendem Sauerstoff und Wasserstoff genügend überein, um das im Laufe dieser Abhandlung Gesagte völlig zu rechtfertigen, denn um sie identisch zu machen genügt es, 0,006 Stickstoff im Wasserstoff anzunehmen, und wir können nachweisen, dass welcher darin war. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Wir haben aus den vorangegangenen Versuchen ersehen, dass 200 Wasserstoff 98,3 Sauerstoff (uncorrigirt) absorbirt haben. Wir nahmen zwei der Rückstände, (von 101,0 und 101;5 Theilen,) welche beim Detoniren von 100 Theilen Sauerstoffgas mit 300 Theilen Wasserstoffgas übrig geblieben waren, und detonirten sie mit 200 Theilen Sauerstoffgas. Wegen des dem Sauerstoffgas beigemischten Stickgas mussten diese Rückstände 0,8 Theile Stickgas enthalten. Hätten die übrigen 201,7 Theilen aus völlig reinem Wasserstoffgas bestanden, und wir nähmen der letztern Versuchsreihe zu Folge an, dass 200 Theile Wasserstoffgas 98,3 Theile Sauerstoffgas absorbiren; so hätten beim Detoniren die 201,7 Theile Wasserstoffgas 99,1 Sauerstoffgas verschlucken, und folglich [Q148] überhaupt 300,8 Theile verschwinden müssen. Es verschwanden jedoch nur 295,0 Theile. Die 201,7 Theile des Rückstandes können folglich nicht reines Wasserstoffgas gewesen seyn, sondern müssen Stickgas enthalten haben und zwar, wenn 100 Theile Sauerstoffgas 200 Theile Wasserstoffgas absorbiren, 5 Theile Stickgas, welche einen Rückstand aus 600 Theilen Wasserstoffgas, sind. Mithin enthielt das Wasserstoffgas noch 0,008 Stickgas. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Durch diese Gründe scheint es uns genügend dargethan zu seyn, dass 100 Theile Sauerstoffgas sehr nahe 200 Theile Wasserstoffgas zu ihrer Sättigung erfordern. Nach, den Versuchen der Herren Fourcroy, Vauguelin und Sequin würden 100 Theile Sauerstoffgas 205 Theile Wasserstoffgas hierzu verlangen. Man nehme indess das eine oder das andere dieser Verhältnisse an, immer wird man sich bei der Analyse der Luft, wegen dieser Ungewissheit, nur höchstens um 0,0035 im absoluten Gehalt derselben an Sauerstoffgas irren können, und der Irrthum. muss noch sehr viel kleiner ausfallen,, wo es auf relative Mengen ankömmt. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Wir haben uns überzeugt, dass Veränderungen der Temperatur auf das von uns angegebene Verhältniss, wonach beide | |||||||||||||||||||||||||||||||
[17] | Gasarten sich absorbiren, keinen Einfluss haben, wie das auch der Natur der Sache nach nicht anders seyn kann. Denn weil die Wärme beider Gase gleichmässig ausdehnt; und sie gleiche, Mengen von Wasser auflösen macht; so stehen die absoluten Gewichte gleicher Voluminum von Sauerstoffgas und Wasserstoffgas immer in einerlei Verhältniss zu einander. Voraus gesetzt daher, das von uns ausgemittelte Verhältniss sey das wahre, so ist es genauer, zu sagen, 100 Maass Sauerstoffgas vereinigen sich mit 200 Maasa Wasserstoffgas, als das Verhältniss der Bestandtheile des Wassers in Gewichttheilen zu geben. Wären beide Gasarten, deren man sich zu des Versuchen über die Synthesis des Wassers bedient hat, vollkommen trocken gewesen, oder hätte man Correctionen wegen der Feuchtigkeit, die sie enthalten konnten, angebracht, so würde es gleichgültig seyn, das Verhältniss der Bestandtheile dem Volumen oder dem Gewichte nach zu geben. Da aber mit dem einfachen Volumen Sauerstoffgas sich ein doppeltes Volumen Wasserstoffgas verbindet, und doch beide Gasarten gleichmässig Wasser auflösen; so steht offenbar die schon in ihnenvorhandene Wassermenge nicht in dem Verhältnisse des Gewichts, wonach sie sich zu Wasser vereinigen, wesshalb dieser Umstand einen Einfluss auf das Gewichtsverhältnis der Bestandtheile des Wassers haben muss. So bleibt also das Verhältniss der Voluminum bei verschiedener Temperatur und Feuchtigkeit unverändert dasselbe, indess das Gewichtsverhältniss unter diesen Umständen variirt. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Man halte diese Bemerkung nicht für ganz unwichtig. Denn es ist leicht, zu
zeigen, dass sie einen bedeutenden
Einfluss auf Bestimmungen des Verhältnisses der Bestandtheile des Wassers hat. Nach dem Versuche der Herren
Fourcroy, Vauquelin und [Q149] Sequin, dem genauesten, den man bis
jetzt über die Synthesis des Wassers gemacht hat, bestehn 100 Theile Wasser, dem Gewichte nach, aus 85,662 Theilen Sauerstoffgas und 14,338 Theilen Wasserstoffgas. Da aber dieser Versuch in einer Temperatur von 14° angestellt wurde, und diese Physiker keine Correction wegen des Wassers, das beide Gasarten schon aufgelöst enthielten, angebracht haben; so ist aus diesem Grunde ihr aufgefundenes Verhältniss, (wenn wir das specifische Gewicht der beiden Gasarten, wie sie es gefunden haben, als richtig annehmen, und mit Saussure setzen, dass, 1 par. Kubikfuss Luft bei dieser Temperatur nahe 10 Gras Wasser aufgelöst enthält,) dahin abzuändern, |
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[18] | dass sich dem Gewichte nach 87,41 Theile Sauerstoff mit 12,19 Theilen Wasserstoff zu Wasser vereinigen. Und das ist eine bedeutende Verschiedenheit, welche besonders auf die Analysen, in denen es auf die absolute Menge des Wasserstoffs ankömmt, von merklichem Einfluss seyn muss. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Diese Betrachtungen finden auch Anwendung auf die Be-Stimmung der specifischen Gewichte der Gasarten, besonders des Wasserstoffgas, da fast ein Sechstel des gefundenen Gewichts dieses Gas bei 14° Wärme, auf Rechnung des Wassergehalts desselben zu setzen ist. Wir zweifeln daher nicht, dass vollkommen trockenes, und von allem Stickgas freies Wasserstoffgas zum wenigsten 15 Mal leichter als die atmosphärische Luft gefunden werden dürfte. |
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Es bleibt uns von den Fragen, die wir uns gestellt haben, nur noch die letzte zu beantworten, nämlich, welches die Gränzen der unvermeidlichen Fehler beim Voltaisehen Eudiometer sind, und welches ist dem zu Folge die kleinste Menge von Sauerstoffgas oder Wasserstoffgas, die sich vermittelst desselben noch messen lässt? | |||||||||||||||||||||||||||||||
Da die Wirkung, worauf dieses Eudiometer beruht, augenblicklich ist, so hat der Barometer- und Thermometerstand darauf keinen Einfluss; und in dieser Hinsicht hat es einen seht ausgezeichneten Vorzug vor den Eudiometern mit Phosphor oder mit Schwefelalkalien.= Da ferner jedes Hundertel Sauerstoffgas sich durch eine drei Mal grössere Absorption giebt, so kommen die Fehler, welche man begeht, nur zu einem Drittel auf den Gehalt an diesem Gas, und besonders jetzt, da wir sehr genaue Instrumente besitzen, welche ein Maass Luft in 300 gleiche Theile theilen, können wir, selbst wenn wir um einen ganzen Theil irren sollten, nicht viel über 0,001 im Sauerstoffgehalte der Luft, welche zerlegt wird, fehlen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
[Q150] Man sieht hieraus, dass sich vermittelst des Wasserstoffgas - Eudiometers nicht nur sehr geringe Unterschiede zwischen zwei verschiedenen Portionen atmosphärischer Luft auffinden lassen, sondern dass dadurch selbst in Stickgas oder Wasserstoffgas ein Antheil von wenig mehr als 0,004 Sauerstoffgas zu entdecken sey, obschon im letztern Falle nicht unmittelbar, sondern erst nachdem man ( um Entzündung und vollständiges Verbrennen bewirken zu können,) eine gewisse Menge Sauerstoffgas hinzu gesetzt hat, für das man zuvor durch Versuche die Grösse der Absorption mit Wasserstoffgas bestimmt haben müsste. Ein Drittel von dem Unterschiede der | |||||||||||||||||||||||||||||||
[19] | Absorption in beiden Fällen gäbe die Menge des Sauerstoffgas in der untersuchten Luft. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Eben so lässt sich vermittelst dieses Eudiometers der Grad den Reinheit von Wasserstoffgas bestimmen, oder ein kleiner Antheil dieses Gas entdecken, welcher andern Gasarten oder der atmosphärischen ,Luft beigemengt ist. Im ersten Falle braucht man das Gas nur mit 100 Theilen Sauerstoffgas zu detoniren; die Grade der Reinheit verhalten sich dann wie die Absorptionen. Im zweiten Falle müsste man zu 200 Theilen des zu untersuchenden Gas zuvor 100 Theile Wasserstoffgas von bekannter Reinheit zusetzen, und es dann mit 100 Theilen Sauerstoffgas entzünden. Auf diese Art können wir, bei der Uebung, die wir jetzt in Versuchen dieser Art erlangt haben, 0,003 Wasserstoffgas wieder finden, die wir atmosphärischer Luft beimengen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Vielleicht bleibt manchem gegen das Voltaische Eudiometer noch das Bedenken, dass man durch dasselbe, weil Wasserstoffgas nicht immer von einerlei Reinheit ist, in schwer zu berichtigende Fehler verwickelt werden könne. Wir bemerken indess, dass ein kleiner Antheil an Stickgas völlig unschädlich ist; und dass nur eine Beimengung von Sauerstoffgas auf dus Resultat der Prüfung Einfluss haben würde. Um nicht zu fehlen, detonire man daher zuvor das Wasserstoff gar, dessen man sich bedienen will, mit 1/5 Sauerstoffgas; hierbei wird zugleich alles Sauerstoffgas, welches ersteres schon enthalten haben könnte, mit zerstört, und den Rückstand kann man nun mit Sicherheit zu den Versuchen im Voltaischen Eudiometer brauchen. Mit dieser Vorsicht kann man sich unbedenklich eines, ohne besondere Sorgfalt bereiteten Wasserstoffgas bedienen, wofern man es nur aus dem Wasser durch Schwefelsäure oder Salzsäure vermittelst Zinks entwickelt hat; denn bedient man sielt. eines andern Metalls, z. B. des Eisens, so ist das Gas, wie man weiss, nicht mehr von derselben Natur. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Nach allen Versuchen, welche wir bisher angeführt haben, [Q151 dürfen wir wohl mit Recht schliessen, dass das Voltaische Eudiometer den ganzen Gehalt der atmosphärischen Luft an Sauerstoffgas angiebt. Wir haben uns indess hiervon noch besonders auf directe Art überzeugen wollen, und mischten zu dem Ende 20 Theile sehr reines Sauerstoffgas mit 80 Theilen Stickgas, die wir durch Zersetzung des Ammoniaks vermittelst oxygenirter Salzsäure [Chlor], (unter aller möglichen Vorsicht keine atmosphärische Luft mit hinein zu bringen,) erhalten | |||||||||||||||||||||||||||||||
[20] | hatten. Von diesem Gasgemisch wurden 200 Theile mit 200 Theilen Wasserstoffgas im Eudiometer detonirt. Fünf Versuche, die wir anstellten, gaben in der Absoption keine grössern Unterschiede, als höchstens von 0,005 und im Mittel, eine Absorption von 124,9 Theilen. Ihr entspricht ein Sauerstoffgehalt von 41,6 in 200 Theilen, und also von 20,8 Theilen des künstlichen Gasgemisches. Dass wir hier den Sauerstoffgehalt um 0,008 höher finden, als wir sollten, liegt höchst wahrscheinlich daran, dass unser Stickgas nicht ganz frei an Sauerstoffgas war, sondern davon 0,01 enthielt. Denn mit so vieler Sorgfalt wir es auch bereitet hatten, so leuchtete doch darin der Phosphor. Auch ist das aus dem Grunde wahrscheinlich, weil die oxygenirte Salzsäure sich am Lichte sehr schnell zersetzt. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Ans allem diesem sieht man, dass die Resultate, welche das Voltaische Eudiometer giebt, unter sich sehr vergleichbar sind, und dass die Gränze des Irrthums für den Gehalt der Luft an Sauerstoffgas, den man vermittelst dieses Eudiometers findet, sich bis auf 0,001 herab bringen lässt. Ferner sieht man, dass sich durch dieses Eudiometer sehr kleine Unterschiede im Sauerstoffgehalte zweier verschiedener Luftportionen finden, auch sehr geringe Mengen von Wasserstoffgas, welche der atmosphärischen Luft beigemischt sind, entdecken lassen. Endlich ist dieses Instrument das einzige, vermittelst dessen sich der Antheil eines Gasgemisches an Wasserstoffgas messen lässt, und schon in dieser Hinsicht allein wäre es aller Aufmerksamkeit werth, und verdiente es, dass man die Wirkungsart desselben genau studire. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Und so hat der vortreffliche Physiker Volta, dem die Naturlehre die herrlichsten Entdeckungen verdankt; auch um die Chemie das Verdienst, ihr das genaueste und schätzbarste Instrument für die Analyse der Luft gegeben zu haben. |