Carmina chimica et technica
 

Inhaltsverzeichnis

1. Chor der Elektriker
2. Die Ballade vom doppelt maskierten Tyrosin
3. Calixtiners Klagelied
4. Reformatzkis Klagelied


 

1. Chor der Elektriker

Melodie: "Wir lieben die Stürme"

Text: Ralf A. Jakobi (1981)

 

1. Wir lieben den Kurzschluß, das schmorende Kabel,
die knallende Glühbirn', das Haus ohne Licht.
Uns wird es bei Kurzschluß niemals miserabel,
so störn uns die sprühenden Funken auch nicht.

Refrain: Blitz, Knall - Kurzschluß!
Oh, oh, wie lieblich schallts, im Zählerkasten knallts. (2 x)

2. Wir basteln an Drähten, um Lampen zu erden,
dann wird ans Gehäuse die Phase geklemmt.
Wers anfaßt, kann rasch zu 'nem Zitteraal werden,
so locker, entspannend und gar nicht gehemmt!

3. Laßt uns mit dem Öfchen das Netz überlasten,
da wird es der Leitung so warm um das Herz!
Verkohlt dann da draußen der Zähler im Kasten,
benutzen als Lichtquelle wir eine Kerz'.

4. Auf Hochspannungsmasten, da sind wir zu Hause,
weil Isolatoren auch manchmal defekt.
Da hat schon so mancher Elektro-Banause
den Zauber des Starkstroms - nur einmal - entdeckt.

5. Wir lassen die Fernsehgeräte zerspringen,
denn einmal pro Jahr rauscht ein Stromstoß durchs Haus.
Vor Freude hört man die Versicherung singen;
p robieren wir es doch an Weihnachten aus!

6. Besondere Liebe gilt uns den Motoren,
wenn sie den Gehorsam verweigern einmal.
Uns fliegen die Trümmer sofort um die Ohren,
dann bringen wir neue, das ist doch genial!

7. Auch Staubsauger, Heizlüfter, Radios und Uhren
wenn es nur elektrisch und nichtfunktioniert:
Von uns vorgenommene Reparaturen
erkennt man daran, daß das Ding explodiert.

8. Ja, wir sind die wahren Elektriker-Asse,
es zucken die Blitze in blau, grün und rot.
Was wir fabrizieren, das ist einfach Klasse
gedenket stets unser, auch wenn wir einst tot.

 

 

2. Die Ballade vom doppelt maskierten Tyrosin

Melodie: "Humbta-tätärä

Text: Ralf A. Jakobi (1988)

 

1. Man hört so oft, ein Dipeptid, das bilde sich so leicht,
obwohl schon mancher Koch
das Ziel noch nie erreicht.
Die Vorschrift, die man diesmal braucht, ist publiziert im JACS, 1)
und wer sie liest, der denkt, es sei ein Klacks.

Refrain: Am Schluß bleibt Tyro-tyro-tyro-tyrosin,
Tyrosin, Tyrosin!
Was soll das Tyro-tyro-tyro-tyrosin?
Es sagt uns: Ätsch, die Zwischenstufe ist dahin!

2. In Natronlauge wird das Tyrosin erst vorgelegt,
so daß man wohlgemut
noch große Hoffnung hegt.
An Stickstoff und OH maskiert soll werden die Substanz
bei pH 10 gelingt dies nur nicht ganz...

3. Mit Cärbobenzoxychlorid auf keinen Fall gegeizt,
auch wenns erbärmlich stinkt
und stark zu Tränen reizt.
Tropft man getreu nach dem Rezept noch Lauge in den Pott,
dann geht der Ester hops und liefert Schrott!

4. Nun äthert man die Pampe aus, obgleich man nicht mehr mag:
Der Trichter ist versaut
mit Öl und Niederschlag.
Zu diesem Zeitpunkt liegt der Mißerfolg schon auf der Hand:
Drei Phasen schichten sich übereinand'!

5. Trotz allem voller Illusion die Säure frisch hinzu,
es fällt sogar was aus -
zunächst bewahrt man Ruh.
Doch plötzlich schäumts, und ist erst das Produkt mal untersucht,
so speit man Gift und Galle, tobt und flucht!

6. Von diesem Ärger leite man sich eine Lehre her:
Trau nie der Rezeptur,
sonst bleibt dein Kolben leer.
Selbst wenn der Autor für Erfolg sich namentlich verbürgt,
sind gute Resultate meist getürkt!

1) Sprich "Jacks". Gemeint ist J. Am. Chem. Soc. 1953, 75, 5284.

 

 

3. Calixtiners Klagelied

Melodie: "Wer ein Liebchen hat gefunden" (Mozart)

Text: Ralf A. Jakobi (1991)

1. Wer ein Molekül gefunden,
aus Phenolen cyclisiert, darf,
wenn ihm solch Glück verheißen,
seinen Schöpfer dankbar preisen,
|: daß die Mühe sich rentiert :|

Tralalera, tralalera, tralalera, tralalera

2. Den Versuch zu wiederholen,
ist des Forschers erste Pflicht.
Wenns gelingt, wird es ihm nützen,
seine Theorie zu stützen,
|: aber wehe, es klappt nicht! :|

Tralalera, tralalera, tralalera, tralalera

3. Denn der Tücken hat ein Calix
oft weit mehr als man gedacht.
Hinterbleiben uns nur schwarze
wie Asphalt verklumpte Harze,
|:  dann, Nobelpreis, gute Nacht! :|

Tralelera, tralalera, tralalera, tralalera

 

 

4. Reformatzkis Abendlied

Melodie: "Der Mond ist aufgegangen

Text: Ralf A. Jakobi (1986)

 

1. Der Pott ist hochgegangen
die Zinkstaubflecken prangen
am Pulte dunkelgrau.

Der Koch steht schwarz und schweigst,
und aus dem Kühler steiget
ein süßes Flämmchen gelb und blau.

 

2. Wie war das Zink so stille
und in den Kolbens Hülle
staubtrocken, frisch und hold.

Drum hat man nicht gegeizet,
den Zinkstaub vorgeheizet,
auf daß er reagieren sollt'.

 

3. Wir stolzen Menschenkinder
sind eifrig als Erfinder
und wissen doch nicht viel.

Den Kolben fest verstopfst,
die Lösung zugetropfet,
man denkt, man hätt' ein leichtes Spiel.

 

4. Auf einmal - peng! - ein Wunder:
Es fliegt der ganze Plunder
in hohem Bogen raus.

So ist´s nun mal im Leben
der Pfropf hat nachgegeben
und bringt uns Stimmung in das Haus.

 

5. Seht ihr den Ansatz stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
der Rest ist ruiniert.

So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
bevor der Kolben explodiert.

 

6. So legt euch denn ihr Brüder
rasch auf den Boden nieder,
scharf ist des Esters Hauch.

Ich muß wohl noch zwei Wochen
am Reformatzki kochen
wie damals mein Professor auch.

 

 

Literatur

Autor:

Rolf A Jakobi (geschrieben 1980-1991):
Nachr. Chem. Tech. Lab 46 (1998) Nr. 4 (blaue Blätter)

bearbeitet: Klaus-G. Häusler; info. at .halbmikrotechnik.de

Quelle:

Reformatzky-Synthese: J. Am. Chem. Soc. 1953, 75, 5284.

Reformatzky-Reaktion